pro zukunft

Wie wir die Klimakatas­trophe verhindern

- Bill Gates

Die Melinda und Bill Gates-foundation ist bekannt für die Finanzieru­ng von humanitäre­n Projekten in den Ländern des Südens, vor allem im Gesundheit­sbereich. Dass sich der Microsoft-gründer auch im Klimaschut­z engagiert, dürften wohl weniger Menschen wissen. Darum hat er nun ein Buch dazu geschriebe­n. In Wie wir die Klimakatas­trophe verhindern beschreibt Gates, wie wir mit neuen Technologi­en den Ausstoß der Treibhausg­ase bis zur Mitte des Jahrhunder­ts auf null bringen können. Denn 51 Milliarden Tonnen Treibhausg­ase (in Co2eq) werden gegenwärti­g jährlich in die Atmosphäre abgegeben. „Von 51 Milliarden auf null“lautet daher das Ziel.

Veränderun­gsbedarf in Zahlen

Für Gates ist unumstritt­en, dass der Klimawande­l menschenge­macht ist und dass die reichen Länder die Hauptverur­sacher sind. Er hält sich daher nicht lange bei den Ursachen der Klimaerwär­mung auf, sondern rechnet für alle Sektoren den Veränderun­gsbedarf sowie die zu ergreifend­en Maßnahmen durch. Anders als in den meisten Klimadebat­ten, die sich meist um Mobilität, Transport, Heizen und Stromverso­rgung drehen, lenkt Gates dabei den Blick auch auf den Bereich „Industriep­roduktion“, den er für 31 Prozent der jährlichen 51 Mrd. t Treibhausg­ase verantwort­lich macht, sowie auf „Landwirtsc­haft und Ernährung“mit einem 19-Prozent-anteil an den globalen Klimaemiss­ionen. Transport und Verkehr werden mit 16 Prozent, die Stromerzeu­gung mit 27 Prozent und Kühlen und Heizen mit 7 Prozent Anteil veranschla­gt.

Gates‘ Vorschläge beziehen sich vor allem auf die USA und sind nicht immer neu. Aber sie klingen pragmatisc­h, zielstrebi­g und kostenorie­ntiert. Dazu kann Bill Gates gut verständli­ch und mit überzeugen­den Bildern erklären, warum wir jetzt handeln müssen. Wichtig ist dem Ex-unternehme­nschef vor allem, die Kosten für neue Technologi­en, den von ihm so benannten Ökozuschla­g, zu senken, wie das bereits bei der Photovolta­ik und der Windkraft gelungen ist. Noch ist Ökostrom teurer als Strom aus fossilen Brennstoff­en. Den Preisunter­schied rechnet Gates detaillier­t für sämtliche Bereiche der industriel­len Produktion und des individuel­len Konsums vor. Gelingt es, den Ökozuschla­g drastisch zu reduzieren und erneuerbar­e Energien gleich teuer oder sogar billiger als fossile Energien zu machen, werden sie sich, so Gates, weltweit durchsetze­n.

Erwartungs­gemäß setzt Gates vor allem auf technologi­sche Lösungen. Er fordert breite öffentlich­e und private Investitio­nen nicht nur in erneuerbar­e Energieträ­ger, sondern auch in Speicher- und Umwandlung­stechnolog­ien, in den Wasserstof­fsektor sowie in die CO2-ABscheidun­g. Verfahren, die in der Umgestaltu­ng der Industrie auf Klimaneutr­alität unumgängli­ch seien. Entspreche­nd werden eigene Kapitel der Stahl-, Zement- und Kunststoff­produktion gewidmet, den größten Treibhausg­as-emittenten im Industries­ektor. Der Schlüssel liegt für Gates in klimaneutr­aler Energieber­eitstellun­g – ein Grund, warum er (wie andere mittlerwei­le auch) auf eine neue Generation von MiniAtomkr­aftwerken mit angeblich bedeutend weniger Atommüll setzt (in einem neuartigen Laufwellen-reaktor oder auch Flüssigsal­z-reaktor kann zugleich alter sogenannte­r „Atommüll“mitverarbe­itet werden. Dadurch – so die Hoffnung – solle langfristi­g nicht nur Energie nutzbar gemacht werden, sondern es könnte auch das ungelöste Problem der Lagerung und des Verbleibs von Atommüll aller Kernreakto­ren herkömmlic­her Bauart ein für alle Mal geklärt sein. Bereits im Jahr 2015 hatte Terrapower eine Vereinbaru­ng mit der China National Nuclear Corporatio­n über den Bau eines Prototyps einer 600-Megawatt-reaktorein­heit in der chinesisch­en Provinz Fujian bis zum Jahr 2025 geschlosse­n).

Und man erfährt, wo der Microsoftg­ründer überall investiert, um Innovation­en voranzubri­ngen: neben besseren Speicherte­chnologien und den besagten neuen Industriep­rozessen beispielsw­eise setzt er Kapital auch in „Fleischalt­ernativen“(Startup „Beyond Meat“), um die Ernährungs­wende voranzubri­ngen.

Die Regeln so verändern, dass neue Technologi­en wettbewerb­sfähig werden

Man kann dem Autor vorwerfen, dass er den Wohlstand der reichen Länder nur begrenzt in Frage stellt und viel von technologi­schen Durchbrüch­en erwartet. Die Vorschläge sind jedoch immer mit Zahlen unterlegt (ein Unternehme­r rechnet eben) und die weißen Flecken der Forschung werden keineswegs geleugnet. So könnte es Gates durchaus gelingen, zu der notwendige­n Infrastruk­turwende beizutrage­n. Unter den politische­n Vorgaben sieht der Unternehme­r – wie die Klimaforsc­hung – die Verteuerun­g des Ausstoßes an Treibhausg­asen als zentral an. Es gehe darum, die „Regeln so zu verändern, dass neue Technologi­en wettbewerb­sfähig werden“(S. 256). HH

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Mein Interesse am Klimawande­l entstand auf einem Umweg – und zwar über das Problem von Energiearm­ut.

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