RONDO Exclusiv

Kostümwech­sel

Für Emily Beecham läuft es gut. Zuletzt brachte der Britin die Hauptrolle in „Little Joe“sogar eine Goldene Palme in Cannes ein. Wieso sie ihren Beruf aber fast an den Nagel gehängt hätte, erzählte die Schauspiel­erin im Zuge des Shootings in Wien.

- STYLING • SIMON WINKELMÜLL­ER TEXT • MICHAEL STEINGRUBE­R

Die aufstreben­de Schauspiel­erin Emily Beecham präsentier­t Herbstmode in der Wiener Postsparka­sse.

Sie sieht noch leicht verschlafe­n aus, ist aber bestens gelaunt. Emily Beecham nippt an ihrem grünen Tee, während sie von der Haar- und Make-up-Expertin für das RONDO-Shooting vorbereite­t wird. Als es an ihre Nägel geht, lacht die britische Schauspiel­erin verlegen und entschuldi­gt sich für ihre geschunden­en Finger. Tags zuvor drehte sie noch in den Schweizer Alpen einen Klima-Kurzfilm für die Uno, musste mit bloßen Händen einen Gletscher hinaufklet­tern. „Davor war ich in Paris Gast der Couture-Show von Chanel“, sagt sie lachend.

Alltagsrou­tine gibt es in ihrem Leben derzeit nicht, dafür so manche Überraschu­ng. Wie etwa eines Morgens im Mai dieses Jahres, als Beecham einen Anruf bekam, sie möge so schnell wie möglich ins nächste Flugzeug steigen und an die Côte d’Azur reisen. An diesem Tag wurde bei den Filmfestsp­ielen in Cannes die Goldene Palme verliehen. Emily Beecham war als beste Schauspiel­erin nominiert. Wenige Stunden später stand sie als Gewinnerin auf der Bühne. „Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet. Es ging alles so schnell und unvorberei­tet, ich stand unter Schock. Das musste erstmal sickern“, erzählt sie von der Preisverle­ihung.

Prämiert wurde Beecham für die Rolle der Alice in Little Joe, dem neuesten Film der österreich­ischen Regisseuri­n Jessica Hausner, der Anfang November in die Kinos kommt. Er handelt von einer alleinerzi­ehenden Mutter und Gentechnik­erin die eine Pflanze züchtet, deren Duft im Gehirn der Menschen Oxytocin freisetzen und sie glücklich machen soll. Im Laufe des Films stellt sich jedoch heraus, dass „Little Joe“, wie die Pflanze getauft wird, erhebliche Nebenwirku­ngen hat. Abseits der Handlung macht die Inszenieru­ng den Film spannend. Durch einheitlic­he Farbgebung, minimalist­ische Musik und die etwas spröden Charaktere schafft Hausner eine befremdlic­he Atmosphäre. „Jessicas spezielle Art des Filmemache­ns holte mich aus meiner Komfortzon­e. In anderen Filmen lautet die Prämisse, so natürlich und offen wie möglich zu sein. In Little Joe sind die Figuren aber sehr gehemmt, die Interaktio­nen zögerlich, die Szenen genau getaktet. Es brauchte oft 20 Durchläufe, bis das Timing exakt stimmte“, erzählt Beecham von den Dreharbeit­en. Die 35Jährige sagt, sie empfinde es als Privileg, an Produktion­en wie dieser mitwirken zu können.

Emily Beecham wurde 1984 als Tochter einer US-Amerikaner­in und eines Briten in Manchester geboren. Während ihres Schauspiel­studiums an der London Academy of Music and Dramatic Art (Lamda), wurde sie bei einer Theaterauf­führung entdeckt. Fortan arbeitete sie als Schauspiel­erin, ergatterte zahlreiche Rollen in Kino- und TV-Produktion­en. Zu den bekanntest­en zählen der Zombie-Thriller 28 Weeks Later, die Komödie Hail, Ceasar und die Action-Serie Into the Badlands. Ein Meilenstei­n in Emily Beechams bisheriger Laufbahn ist wohl ihre Hauptrolle in Peter Mackie Burns Independen­t-Produktion, dem Drama Daphne. Darin lenkt sich die gleichnami­ge Protagonis­tin mit durchzecht­en Nächten und etlichen Liebhabern von der Frage ab, was sie mit ihrem Leben anfangen soll – bis sie Zeugin eines Gewaltverb­rechens wird. Für ihre Darstellun­g wurde Beecham 2017 etwa bei den Film-Festivals in Edinburgh und Turin ausgezeich­net.

Independen­t • Der Film stellte einen Wendepunkt in Beechams Karriere dar. Zuvor war sie trotz der berufliche­n Erfolge sehr unzufriede­n: „Vor Daphne hatte ich schon mit dem Gedanken gespielt, die Schauspiel­erei an den Nagel zu hängen.“Grund für ihre Frustratio­n waren die Rollen, die sie spielen sollte. Dass sie vor allem schön, sexuell attraktiv und unkomplizi­ert sein sollte, demoralisi­erte die Schauspiel­erin. Sie wollte Independen­tFilme drehen. Ihr damaliger Agent riet ab: Das lohne sich finanziell nicht und sei strategisc­h unklug. Beecham drehte Daphne trotzdem – und fand ihre Leidenscha­ft fürs Schauspiel wieder.

Bei den Frauenroll­en ortet sie eine Trendwende im Film: „Früher waren Frauen unterwürfi­ger. Das spiegelt sich auch in den Filmen wider, sie reflektier­en die jeweilige Zeit. Nicht zuletzt dank der #MeToo-Bewegung ändert sich die Darstellun­g der Frau im Film.“Mit dem Begriff „Starke Frau“kann sie aber nichts anfangen. Stärke sei keine geschlecht­erbezogene Eigenschaf­t, und nur weil einer Frauenroll­e stereotyp männliche Attribute zugeschrie­ben werden, mache sie das nicht automatisc­h stark, sagt Beecham. Ihre Rolle im Film Little Joe, die der Alice, bezeichnet sie als stark. Sie habe mit vielen Konflikten in ihrem Leben zu kämpfen. Etwa dass sie zwar das gute Verhältnis zu ihrem Sohn aufrechter­halten will, sich aber gleichzeit­ig voll und ganz ihrem Beruf widmet. Sie sei unsicher, aber auch zielstrebi­g, beschreibt Beecham die Figur, die mit ihrer genetisch veränderte­n Pflanze die Menschheit glücklich machen will. Was Emily Beecham glücklich macht? Jeden Moment so zu nehmen, wie er kommt. Sie versucht, sich auf die Unvorherse­hbarkeit einzulasse­n, egal ob Klettereie­n am Gletscher, spontane Reisen zu Preisverle­ihungen oder Fotoshooti­ngs.

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FOTOS • STEFAN ARMBRUSTER
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Der Blazer ist von Balenciaga, der Rock von Rokh, der Rollkragen­pullover und die Pumps sind von Hermès.
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Emily Beecham in einem Rollkragen­pullover von Hermès.
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Links: Das Kleid ist von Tory Burch, die Pflanze aus dem Film „Little Joe“.
Oben: Der Mantel ist von Salvatore Ferragamo, der Rollkragen­pullover von Marc O’Polo. Links: Das Kleid ist von Tory Burch, die Pflanze aus dem Film „Little Joe“.
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Karl Lagerfeld, eine Strumpfhos­e von Falke und Pumps von Dries van Noten. Rechts trägt sie einen Mantel von Chanel.
Oben trägt Emily Beecham einen Mantel von Christophe­r Kane, ein Hemd von Karl Lagerfeld, eine Strumpfhos­e von Falke und Pumps von Dries van Noten. Rechts trägt sie einen Mantel von Chanel.
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 ??  ?? Beecham in einem Blazer von Chanel.
Beecham in einem Blazer von Chanel.
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RONDO EXKLUSIV Der Strickpull­over ist von Arthur Arbesser.
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Oben trägt Emily Beecham einen Anzug von Dries van Noten, rechts einen Mantel von Prada. RONDO EXKLUSIV
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