Politik nimmt die Festspiele in Schutz
Rechnungshofbericht. Claudia Schmied und Wilfried Haslauer beteuern: Reformen der Salzburger Festspiele seien eingeleitet.
SALZBURG, WIEN (SN). Der in vielen Passagen scharfe Schlussbericht des Rechnungshofs über die Salzburger Festspiele wird wenige unmittelbare Konsequenzen haben. Denn: Sofort nach Auffliegen des Betrugsskandals im Jänner 2010 und nach Vorliegen des Rohberichts im Juni 2011 seien mehrere Initiativen gesetzt worden. Das teilten Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) und Wilfried Haslauer (ÖVP) als stellvertretender Salzburger Landeshauptmann und derzeitiger Vorsitzender des Kuratoriums der Salzburger Festspiele am Mittwoch den SN mit.
Beide sind gegen die vom Rechnungshof empfohlene Novelle des Festspielfondsgesetzes. Sie sehe für eine Gesetzesänderung „keine Notwendigkeit“, beteuert Claudia Schmied. Die Ministerin hebt hervor, dass die Salzburger Festspiele immer das Budget eingehalten hätten. Haslauer verweist auf „die kommerzielle, volkswirtschaftliche und vor allem künstlerische Erfolgsgeschichte“, die mit dem seit 1950 geltenden Gesetz geschrieben worden sei.
Den Angaben der beiden Politiker zufolge wurde bisher u. a. die interne Kontrolle verbessert, die EDV wird grundlegend erneuert, eine neue Geschäftsordnung für das Direktorium und eine Geschäftsanweisung sind längst beschlossen.
Was steht jetzt noch bevor? Laut Haslauer wird überlegt, einen Verhaltenskodex für das Unternehmen zu formulieren. Die Ministerin kündigte an, dass die vom Rechnungshof zu Recht kritisierten personellen Verflechtungen beseitigt würden. Weiteres wird morgen, Freitag, in einer Pressekonferenz erläutert.
Der Rechnungshof verwechselt offenbar Äpfel mit Birnen.
Wilfried Haslauer, Stv. Landeshauptmann
Im Kuratorium der Salzburger Festspiele sind stimmberechtigte Mitglieder die Vertreter von Stadt und Land Salzburg, Tourismusfonds, Finanz- und Kulturministerium. Dieses Gremium ist also Aufsichtsrat, Versammlung von Subventionsgebern und Eigentümern in einem. Da Wilfried Haslauer (ÖVP) den Vorsitz führt, baten ihn die SN am Tag, nachdem der Rechnungshof seinen Bericht publiziert hatte, um ein Gespräch.
SN: Wie ist der Bericht? Hart, aber gerecht? Haslauer: Nein, so kann man das nicht formulieren. Wir nehmen viele Anregungen ernst, aber merkwürdig ist schon die Kritik am Festspielfondsgesetz. Das gilt seit 1950. Und mit diesem Gesetz wurde eine kommerzielle, volkswirtschaftliche und künstlerische Erfolgsgeschichte geschrieben. Das muss ich nüchtern feststellen.
SN: Warum nüchtern? Haslauer: Ich will keine politische und emotionelle Auseinandersetzung, und ich äußere mich auch nicht zur Tonalität und nicht darüber, dass am Dienstag der Rechnungshofpräsident um 10 Uhr eine Pressekonferenz gab, aber der Bericht erst um 10.30 Uhr im Magistrat einlangte.
Über das eine oder andere ärgert man sich im ersten Moment. Und obwohl es bei der Prüfung klimatisch nicht besonders positiv abgegangen ist, müssen wir zu pragmatischen Argumenten zurückfinden.
SN: Der Rechnungshof rät zur Novelle des Festspielgesetzes. Was halten Sie davon? Haslauer: Das ist nur eine politische Anregung (für eine Novelle wären Bundesregierung und Parlament zuständig, Anm.), aber keine Kritik im Sinne dessen, wofür der Rechnungshof zuständig ist, nämlich Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit einer Institution auf Basis des geltenden Gesetzes zu prüfen.
Das Gesetz hat eine Rechtsperson sui generis geschaffen. Das ist eine maßgeschneiderte Konstruktion, für die wir dankbar sind und die sehr gut funktioniert.
SN: Sehr gut? Im Bericht klingt das anders. Haslauer: Wir verwehren uns massiv gegen den Eindruck, dass hier ein Riesensaustall herrscht. Uns gefällt auch nicht, dass der Rechnungshof offenbar Äpfel mit Birnen verwechselt: Sein Vergleich mit der Rechnungslegung eines Kegelvereins ist nicht nachzuvollziehen. Wir sind kein Verein! Wir sind eine Rechtspersönlichkeit kraft Gesetz. Unser Abrechnungssystem ist daher kameralistisch, und das funktioniert so gut wie die Kameralistik bei den Gebietskörperschaften. Zusätzlich dazu haben wir jetzt eine Bilanzierung eingeführt, die wir uns in der letzten Kuratoriumssitzung erstmals haben präsentieren lassen.
SN: Als Reaktion auf den Rohbericht? Haslauer: Es gibt Bereiche, da nehmen wir Anregungen des Rechnungshofs dankbar auf. Das gilt auch für die EDV, die komplett erneuert wird. Und wir überlegen jetzt, einen Verhaltenskodex für das Unternehmen Salzburger Festspiele zu formulieren.
Vieles wird seit zwei Jahren auf den Weg gebracht. Den Prüfern des Rechnungshofs wurde dies auch wiederholt und detailliert erläutert. Uns wundert nur, dass im Schlussbericht nichts davon vermerkt ist.
SN: Anlass für die Prüfung war der Betrug bei Osterfestspielen und Salzburger Festspielen. Dem Bericht zufolge war die Schädigung offenbar länger und nachhaltiger, weil das kaufmännische System lückenhaft war. Haslauer: Faktum ist, dass wir in Direktorium und Kuratorium sofort – noch vor dem
Rechnungshof – tätig geworden sind. Hier gibt es eine Reihe von Verbesserungen.
SN: Viele der im Bericht aufgezeigten Mängel fallen in die Zuständigkeit des damaligen Direktoriums, insbesondere des Kaufmännischen Leiters, Gerbert Schwaighofer. Haslauer: Das ist der übliche Reflex, einen Schuldigen zu suchen. Da mach ich nicht mit. Und es ist nicht so, dass es vorher keine Überwachungssysteme, keine Betriebsvorschriften gegeben hätte.
Aus dem Fall K. haben wir gelernt, dass es Lücken gegeben hat, die nicht leicht feststellbar waren. K. hat offenbar die Lücken erkannt und ausgenützt. Gegen solche Fälle von Kriminalität ist man auch in einer Gmbh nicht gefeit, und wir sind dabei, das Netz engmaschiger zu machen. Speziell im Fall K. kann ich keine Versäumnisse des Kaufmännischen Direktors feststellen.
SN: Sie selbst haben in Ihrem Kompetenzbereich die Umwandlungen in Gmbh vorangetrieben, zuletzt mit der Residenzgalerie per 1. Jänner 2012. Warum passt diese Rechtsform nicht für die Salzburger Festspiele? Haslauer: Das kann man überhaupt nicht vergleichen! Die Residenzgalerie war eine Betriebseinrichtung des Landes Salzburg. Dort waren Landesbedienstete, dazu die Ressortzuständigkeit eines Regierungsmitglieds und ein Beirat, der maximal ein Mal pro Jahr getagt hat. Das entsprach nicht einem Betrieb dieser Art und Größe.
Doch für die Salzburger Festspiele gibt es eine klare gesetzliche Regelung. Herr Präsident Moser kann der Meinung sein, eine Gmbh wäre adäquat. Aber die Salzburger Festspiele sind nicht nach der Meinung des
Herrn Moser zu strukturieren, sondern so, wie es das Gesetz vorsieht. Und gesetzlich gibt es gar nicht die Möglichkeit der Umwandlung in eine Gmbh.
SN: Das könnten Sie für die Novelle anregen. Haslauer: Die wollen wir gar nicht! Das Gesetz sieht eine Abgangsdeckung durch Bund, Land und Stadt Salzburg sowie Tourismusfonds vor. Und Sie können sich vorstellen, was eine von Herrn Moser vorgeschlagene dreijährige Fördervereinbarung in Zeiten von Geldnöten und Einsparungen schnell für die Salzburger Festspiele heißen würde: Kürzung, Kürzung, Kürzung.
SN: Aber es heißt schon seit vielen Jahren: eingefroren, eingefroren, eingefroren. Haslauer: Immerhin, da bleibt wenigstens das, was wir haben.
SN: Nach dem Platzen des Osterfestspielskandals waren Sie streng mit Landeshauptfrau Burgstaller als Präsidentin des dortigen Kuratoriums. Warum gilt nicht ähnliche Strenge fürs Kuratorium der Salzburger Festspiele? Haslauer: Wenn, wie bei den Osterfestspielen, die Personalkosten in einem Jahr um eine Million Euro steigen, ist es sonderbar, dass kein einziges Mitglied des dortigen Kuratoriums das infrage stellt.
Seit ich im Kuratorium der Salzburger Festspiele bin (seit 2008, Anm.), kann ich bezeugen, wie intensiv und genau da diskutiert wird, welche Berichte von der Revision vorgelegt werden. Und ich bin der Meinung, dass wir als Kuratoriumsmitglieder ordentlich arbeiten – das gilt auch für Landeshauptfrau Burgstaller, Herrn Bürgermeister Schaden und die Bundesvertreter.