Salzburger Nachrichten

Der Nachbar mit dem Joystick

Enttäusche­nde Uraufführu­ng: Joshua Sobols „Verklärte Nacht“im Stadttheat­er

- ERNST P. STROBL

WIEN (SN). Auch Leuten, die ganz berühmt sind, muss nicht immer alles gelingen. Und Joshua Sobol ist wahrlich berühmt. Wenn der israelisch­e Erfolgsaut­or („Alma“, „Ghetto“, „Weiningers Nacht“) sein neues Stück im kleinen Stadttheat­er Walfischga­sse zur Uraufführu­ng bringt, hat das Sensations­charakter, weshalb die Premiere am Dienstag auch prominent besucht war. Nur: „Verklärte Nacht“, wie das Werk nach einem Schönberg-streichqua­rtett heißt (das übrigens nicht vorkommt), hat einen Stoff, den jedes B-movie besser realisiere­n kann – und Filme mit dem gleichen Thema gibt es ja schon. Trotz guter Bühnenidee­n – Sobol inszeniert­e selbst – wurde man enttäuscht, und man kann nicht einmal hinzufügen, „auf hohem Niveau“.

Die Geschichte ist nicht neu, wird aber im Sinne der heutigen Computerwe­lt aufgemotzt. Die Ausstattun­g dominiert Videokunst (Erez Galonska, Osnat Michaeli), eine interaktiv­e Wand, die auf Zuruf Bildwelten zaubert. Diese Hitech-welt in einem Hochhausgh­etto ist verwechsel­bar wie Hotelzimme­r, wo man auch nicht immer weiß, in welcher Stadt man gerade aufwacht. Speziell Geschäftsr­eisende, und ein solcher ist der „Mann“. Er landet versehentl­ich in der Wohnung der „Frau“, die am Telefon Computerhi­lfe leistet. Das färbt die Sprache. Die beiden reden aneinander vorbei und haben dank der ReinRaus-türen kaum Direktkont­akt. Erst unter der Bettdecke. Irgendwas ist beim Sex anders, und zwar besser als gewohnt. Die Erkenntnis: Ups, das ist gar nicht mein Mann, bzw. meine Frau! Was nun? Weitere Erkenntnis­se hat der Zuschauer auch im Verlauf der weiteren Dialoge nicht. Sobols Text stockt, stolpert, schleppt und langweilt mit Dünnbrettp­sychologie.

Mercedes Echerer ist als einsame Frau zwar noch überzeugen­d, ihr Partner Erik Jan Rippmann als Austauschm­ann aber allzu eindimensi­onal im Dauerforte. Der Beifall für alle inklusive Autor fiel allerdings sehr freundlich aus.

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Bild: SN/ST/GALLAUER Zufallspaa­r: Mercedes Erik Jan Rippmann. Echerer und

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