ÖBB sparen überall, nur nicht bei Großprojekten
Sanierung. Die Infrastrukturinvestitionen könnten um eine Milliarde sinken, ohne dass Tunnelbauten gekappt werden müssten.
WIEN (Sn-mg). Noch hält sich die Regierung bedeckt, wo genau sie im Zuge des Zwei-milliarden-euro-sparpakets bei den ÖBB ansetzen will. ÖBB-CHEF Christian Kern präsentierte am Mittwoch seine Vorschläge für Einsparungen bei der teuren Staatsbahn. Seiner Ansicht nach könnten die Infrastrukturausgaben für den Schienenausbau von 2012–2016 um bis zu eine Milliarde Euro reduziert werden, ohne die großen Tunnelprojekte (Koralm, Semmering, Brenner) anzutasten. Das würde in fünf Jahren etwa 700 Mill. Euro zum Budget beitragen. Dazu kommt laut Kern noch der Verzicht auf Frühpensionierungen, die Besteuerung der Freifahrkarten der Öbbler und eine höhere Energieabgabe – zusammen sind das noch einmal 750 Mill. Euro bis 2016. Kern: „Frech gesagt: Es gibt keinen anderen Bereich, keine andere Arbeitsgruppe, wo sie auf solche Beträge kommen.“
Deutlich weniger Verlust
Wo genau die jährlich rund 200 Mill. Euro beim Bahnausbau eingespart werden sollten, darüber hielt sich Kern bedeckt. Es gehe um „Arrondierungen“, als Beispiel nannte er den Verzicht auf die Elektrifizierung der Marchfeldbahn, was 60 Mill. Euro spart.
Als „wenig sinnvoll“und „teilweise realitätsfremd“bezeichnete Kern die Forderungen von ÖVPSeite, wie etwa nach einem Verkauf von Immobilien oder den eigenen Kraftwerken. Die Abgabe von nicht betriebsnotwendigem Vermögen werde „seit Jahren mit Nachdruck betrieben“. Auch die geforderte Ausschreibung von Bahnstrecken hält Kern für wenig zielführend, weil die ÖBB ohne Entschuldung und Abgabe der Beamten wie bei der Deutschen Bahn nicht gegen ausländische Konkurrenten antreten könnten.
Kern warnt auch vor einer Beschränkung etwa des Koralmtunnels auf eine Röhre, wie das Experten immer wieder vorschlagen. Das spare drei Prozent Kosten und reduziere die Kapazität um 75 Prozent. „Da ist es besser, wenn wir gar nicht bauen“, sagt er.
Rund 500 Mill. Euro bis 2016 will Kern durch die bereits laufende Sanierung der Bahn intern einsparen. Das Geld müsse aber im Unternehmen verbleiben, „denn wenn man das abzieht, bedeutet das, dass wir irgendwann nicht mehr bilanzieren können und zahlungsunfähig sind“.
2011 wurde nach vorläufigen Zahlen der Verlust vor Steuern auf 28 Mill. Euro reduziert – viel stärker als geplant. Möglich sei das gewesen, weil die Restrukturierung vor allem bei der Güterverkehrstochter RCA besser gelaufen sei als erwartet. 2010 lag der Vorsteuerverlust wegen hoher Wertberichtigungen noch bei 330 Mill. Euro. Operativ seien alle Konzernbereiche wieder positiv, sagte Kern. Die Zahl der Mitarbeiter sank im Vorjahr um 2480 auf 42.700 (inkl. 1900 Lehrlinge), etwa 40 Prozent der Abgänge entfielen auf Frühpensionierungen.