Von der Leitungswasser-präsidentschaft zum World Café
Die dänische Eu-präsidentschaft serviert ihren Gästen keine Getränke in Flaschen, sondern Leitungswasser. Ein gutes Symbol.
Wahrscheinlich leben wir zu sehr im Barock, um die nüchternen Dänen zu verstehen: Diese haben beschlossen, ihren EU-VORsitz in der ersten Jahreshälfte 2012 bescheiden zu halten. Aus Kopenhagen ist zu hören, dass den honorigen Gästen bei den Gipfeln und sonstigen Treffen unter der dänischen Ratspräsidentschaft Leitungswasser serviert wird. Und nicht das übliche Mineralwasser sowie Säfte in kleinen Flaschen.
Befördert werden die Besucher in Bussen statt in Limousinen. Wobei die Gipfelbesucher in dieser Sache Glück hatten: Wer Kopenhagen mit seinen verrückten Zweirädern und den dafür existierenden Radautobahnen kennt, den hätte es nicht gewundert, wenn die Gäste selbst in die Pedale hätten treten müssen oder sich zumindest auf der Lastfläche eines CO -neutralen Transportrads wiedergefunden hätten.
Nur 35Millionen Euro und damit weniger als ein Drittel der vorhergehenden polnischen Präsidentschaft soll jene der Dänen kosten. Das ist erfrischend und regt an, über das Leitungswasser hinaus zu denken: So lustlos und müde manche Eu-politiker auf den Gruppenfotos aussehen, die üblicherweise am Ende von Eu-tagungen ge- macht werden, so lustlos und müde marschiert das Fußvolk aus den meisten Fachtagungen und Konferenzen. Das Programm ist vollgestopft mit viel zu langen Frontalvorträgen, die Diskussion wird fast immer aus Zeitmangel gekappt. Keinwunder, dass das Publikum des Fragens müde geworden ist. Oder sich auch physisch vor der Zeit verabschiedet hat.
Warum wird der gesamte, in nutzlosen und faden Konventionen erstarrte Konferenzzirkus nicht endlich einmal runderneuert? Statt des bloßen Austauschs vorbereiteter Statements ein maximales, tatsächlich neues Ergebnis angepeilt? Innovative Formate, die sich dazu eignen, Eu-gipfeltreffen oder geschäftlichen Konferenzen mehr Leben einzuhauchen, weil sie auf echtem Dialog basieren, gibt es inzwischen viele: Bei einemworld Café pendeln die Teilnehmer in Gruppen zwischen verschiedenen Thementischen hin und her, an denen sie aktiv mitarbeiten können. Bei der Open-space-methode definieren die Teilnehmer die Themen und die Struktur der Konferenz sogar selbst. Noch lockerer sind die Barcamps organisiert, die ganz ohne fixes Programm, aber mit maximaler Beteiligung starten.
Es würde sich lohnen, auch bei offiziellen Anlässen neue Formate einzubauen. Denn die Zeit des bloßen Repräsentierens ist vorbei. Wir brauchen neue Lösungen. Und diese müssen gemeinsam entstehen.
salzburg.com/gewagtgewonnen