„Realität, keinwirtschaftskrimi“
Ankläger sagt: Beim Verkauf finnischer Radpanzer an Slowenien wurde geschmiert
WIEN (SN, APA). „Das ist kein Wirtschaftskrimi, das ist Realität. Im Fernsehen klärt man das in zwei Stunden auf, wir haben drei Jahre dafür gebraucht.“Mit dieser Feststellung von Staatsanwalt Volkert Sackmann begann am Mittwoch vor einemwiener Schöffengericht der vermutlich bis Mai oder Juni dauernde Prozess um angebliche Korruption beim Verkauf von 135 Radpanzern der finnischen Rüstungsschmiede Patria an Slowenien im Jahr 2006.
Insgesamt fünf Angeklagten werden Bestechung, Industriespionage, Bildung einer kriminellen Vereinigung, versuchter schwerer Betrug und gewerbsmäßige Abgabenhinterziehung angelastet. Von den beiden Hauptangeklagten erschien nur der Wiener Rüstungslobbyist Hans Wolfgang Riedl vor Gericht, der austrokanadische Unternehmer Walter Wolf ließ sich krankheitshalber entschuldigen. Mitangeklagt ist Hans-peter W. als Geschäftsführer von Wolfs Liechtensteiner Firma. Er soll die verdächtigen Transaktionen gedeckt und sich in diesem Zusammenhang der Abgabenhinterziehung schuldig gemacht haben. Zwei früheremitarbeiter derwiener Steyr Daimler Puch Spezialfahrzeuge (SSF), Wolfgang A. und Wilfried K., sollen von Riedl Geld erhalten haben, um ihr Unternehmen für Patria auszuspionieren. Niemand bekennt sich schuldig.
Verteidiger: „Nur Klischee“
Im Verfahren geht es um den Verkauf der Patria-radpanzer an Slowenien. Bei dem 278 Mill. Euro schweren Deal soll Schmiergeld in Millionenhöhe geflossen sein, um den slowenischen Mitbewerber Sistemska tehnika, einen Partner der Wiener Steyr Daimler Puch Spezialfahrzeuge (SSF), auszustechen. Riedl und Wolf sollen das Schmiergeld an Entscheidungsträger in Slowenien geschleust haben. Wolf ist auch im laufenden Laibacher Patria-prozess angeklagt, in dem sich der konservative Ex-premier Janez Jansa als möglicher Schmiergeldempfänger verantworten muss.
Riedls Anwalt Rüdiger Schender zerpflückte die Anklage: Sie enthalte „keinen einzigen Beweis“, obwohl mehrere europäische Staaten vier Jahre lang intensiv ermittelt hätten. Der Staatsanwalt arbeite bloß mit dem „Klischee“, bei einem Waffengeschäft werde geschmiert.