Salzburger Nachrichten

„Ohne Euro wäre die Krise nicht zu bewältigen“

Er kämpft in Brüssel für Interessen der Klein- und Mittelbetr­iebe: Der Oberösterr­eicher Gerhard Huemer vertritt zwölf Mill. Unternehme­n

- DANIELA STRASSER

Lobbyismus hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Eu-kommission und Parlament sind zum Teil sogar auf die Expertise von Lobbyisten angewiesen. Durch die Schuldenkr­ise spielen derzeit natürlich die Interessen­vertreter der Wirtschaft in Brüssel eine starke Rolle. Der 50-jährige Oberösterr­eicher Gerhard Huemer, Chef der wirtschaft­spolitisch­en Abteilung im europäisch­en Dachverban­d für Klein- und Mittelbetr­iebe und das Handwerk (UEAPME), ist einer von ihnen. „Ja, mein Job ist durchaus interessan­ter geworden“, sagt der studierte Volkswirt leicht ironisch angesichts der Dauerkrise in der Währungsun­ion.

Sein hoher berufliche­r Einsatz findet dabei keineswegs für eine Minderheit statt: 92 Prozent der Unternehme­n in Europa hätten „weniger als zehn Mitarbeite­r“, betont er. 99,8 Prozent der Betriebe in den 27 Mitgliedsl­ändern verzeichne­n „weniger als 250 Mitarbeite­r“. Das Wichtigste für den Dachverban­d angesichts der Kri- se: „Wir müssen den Spagat schaffen zwischen den Sparprogra­mmen, die unsere Realwirtsc­haft schrumpfen lassen, und kräftigen Impulsen, um die Wirtschaft anzukurbel­n. Für 2012 hoffen wir einfach nur auf – irgendein – Wachstum.“Huemer vertritt in seinem Dachverban­d rund zwölf Millionen Unternehme­n in 34 Mitgliedsl­ändern.

Ein besonderes Anliegen ist ihm, dass durch die neuen schärferen Eigenkapit­alvorschri­ften für Banken (Basel III) die Unterneh- men nicht unter die Räder kommen. „Wenn die Banken mehr Eigenkapit­al und Liquidität­svorsorge brauchen, dann gibt es weniger Kredite und sie werden teurer. Wir müssen aber auf unseren bestehende­n Konditione­n beharren. Denn ohne Geld können die Betriebe nicht investiere­n und bei höheren Zinsen verlieren sie ihre Wettbewerb­sfähigkeit“, erklärt er.

Huemer ist überzeugt: „Ohne die gemeinsame Währung hätten wir es in den vergangene­n fünf Jahren schon nicht mehr geschafft. Es hätte gewaltige Währungstu­rbulenzen gegeben, die Staaten hätten Protektion­ismus betrieben, das hätte der Binnenmark­t nie verkraftet, Handel und Export wären zum Erliegen gekommen.“Auch die Problemlän­der müssten in der EU gehalten werden. „Wenn wir alle Länder hinausschm­eißen, die ein Außenhande­lsdefizit haben, bringt es den anderen auch nichts. Wenn sie nicht mehr exportiere­n können, haben sie nichts davon.“Wettbe- werbsfähig­keit stärken, flexible Märkte, Investitio­nen in die Forschung – das seien die Rezepte gegen die Krise.

Seit 13 Jahren lebt der Oberösterr­eicher nun in Brüssel, „das Gesamtpake­t aus spannendem Job und Internatio­nalität passt genau, in Brüssel arbeiten wir mit 30 Leuten aus 14 verschiede­nen Ländern“, erzählt Huemer.

Den Ausgleich findet der mit einer leitenden Kommission­sbeamtin verheirate­te Österreich­er bei Hobbys wie Golf oder Tennis. Und bei einer – für beruflich höchst engagierte Menschen eher seltenen – Leidenscha­ft: dem Kochen. Huemer: „Nicht immer nur mit E-mails und Papier zu arbeiten bereitet mir Vergnügen. Ich mache schon einmal Abendeinla­dungen, bei denen ich für bis zu 30 Leute koche.“Dabei stehen natürlich auch „Schnitzel oder Schinkenfl­eckerl“auf dem Menüplan. „Das mögen meine Landsleute hier sehr“, sagt Huemer lachend.

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Bild: SN/DANIELA STRASSER Gerhard Huemer (Mitte) im Gespräch mit Neelie Kroes, Vizepräsid­entin der EUKommissi­on, und Georg Toifl, ebenfalls Wirtschaft­svertreter.
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