„Ohne Euro wäre die Krise nicht zu bewältigen“
Er kämpft in Brüssel für Interessen der Klein- und Mittelbetriebe: Der Oberösterreicher Gerhard Huemer vertritt zwölf Mill. Unternehmen
Lobbyismus hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Eu-kommission und Parlament sind zum Teil sogar auf die Expertise von Lobbyisten angewiesen. Durch die Schuldenkrise spielen derzeit natürlich die Interessenvertreter der Wirtschaft in Brüssel eine starke Rolle. Der 50-jährige Oberösterreicher Gerhard Huemer, Chef der wirtschaftspolitischen Abteilung im europäischen Dachverband für Klein- und Mittelbetriebe und das Handwerk (UEAPME), ist einer von ihnen. „Ja, mein Job ist durchaus interessanter geworden“, sagt der studierte Volkswirt leicht ironisch angesichts der Dauerkrise in der Währungsunion.
Sein hoher beruflicher Einsatz findet dabei keineswegs für eine Minderheit statt: 92 Prozent der Unternehmen in Europa hätten „weniger als zehn Mitarbeiter“, betont er. 99,8 Prozent der Betriebe in den 27 Mitgliedsländern verzeichnen „weniger als 250 Mitarbeiter“. Das Wichtigste für den Dachverband angesichts der Kri- se: „Wir müssen den Spagat schaffen zwischen den Sparprogrammen, die unsere Realwirtschaft schrumpfen lassen, und kräftigen Impulsen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Für 2012 hoffen wir einfach nur auf – irgendein – Wachstum.“Huemer vertritt in seinem Dachverband rund zwölf Millionen Unternehmen in 34 Mitgliedsländern.
Ein besonderes Anliegen ist ihm, dass durch die neuen schärferen Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel III) die Unterneh- men nicht unter die Räder kommen. „Wenn die Banken mehr Eigenkapital und Liquiditätsvorsorge brauchen, dann gibt es weniger Kredite und sie werden teurer. Wir müssen aber auf unseren bestehenden Konditionen beharren. Denn ohne Geld können die Betriebe nicht investieren und bei höheren Zinsen verlieren sie ihre Wettbewerbsfähigkeit“, erklärt er.
Huemer ist überzeugt: „Ohne die gemeinsame Währung hätten wir es in den vergangenen fünf Jahren schon nicht mehr geschafft. Es hätte gewaltige Währungsturbulenzen gegeben, die Staaten hätten Protektionismus betrieben, das hätte der Binnenmarkt nie verkraftet, Handel und Export wären zum Erliegen gekommen.“Auch die Problemländer müssten in der EU gehalten werden. „Wenn wir alle Länder hinausschmeißen, die ein Außenhandelsdefizit haben, bringt es den anderen auch nichts. Wenn sie nicht mehr exportieren können, haben sie nichts davon.“Wettbe- werbsfähigkeit stärken, flexible Märkte, Investitionen in die Forschung – das seien die Rezepte gegen die Krise.
Seit 13 Jahren lebt der Oberösterreicher nun in Brüssel, „das Gesamtpaket aus spannendem Job und Internationalität passt genau, in Brüssel arbeiten wir mit 30 Leuten aus 14 verschiedenen Ländern“, erzählt Huemer.
Den Ausgleich findet der mit einer leitenden Kommissionsbeamtin verheiratete Österreicher bei Hobbys wie Golf oder Tennis. Und bei einer – für beruflich höchst engagierte Menschen eher seltenen – Leidenschaft: dem Kochen. Huemer: „Nicht immer nur mit E-mails und Papier zu arbeiten bereitet mir Vergnügen. Ich mache schon einmal Abendeinladungen, bei denen ich für bis zu 30 Leute koche.“Dabei stehen natürlich auch „Schnitzel oder Schinkenfleckerl“auf dem Menüplan. „Das mögen meine Landsleute hier sehr“, sagt Huemer lachend.