Das unrühmliche Ende des Umberto Bossi
Zerfall. Bossi wehrt sich gegen den Vorwurf der Veruntreuung. Eine Kampagne „gegen die einzige Oppositionspartei Italiens“sei im Gange.
ROM (SN). Mit dem Rücktritt von Umberto Bossi gibt es die Lega Nord in ihrer bisherigen Form nicht mehr. Der Vater der rechtspopulistischen Partei ist ausgerechnet über einen schmuddeligen Finanzskandal mit unabsehbaren, auch strafrechtlichen Folgen gestolpert. Italienische Medien sprechen einheitlich von einem „Erdbeben“und dem „Ende einer politischen Epoche“.
Als im vergangenen Herbst die damalige Mitte-rechts-koalition nicht mehr weiterwusste und sich ihre beiden schwankenden Führer aneinander festhielten, hieß es oft: Wenn der eine fällt, fällt auch der andere. Silvio Berlusconi ist im November 2011 aus dem Rennen geschieden. Jetzt hat es Umberto Bossi nicht mehr gerettet, dass er sich radikal von seinem Ex-partner abgesetzt hat.
Beide hatten ihr jeweiliges Imperium aus dem Nichts aufgebaut. Ihre seltsame Zweckgemeinschaft beruhte auf einem Pakt: Berlusconi musste alles tun, um den Föderalismus, den eigentlichen Daseinszweck der Lega Nord, zu verwirklichen und den Rechtspopulismus der ausländerfeindlichen Partei als bunte Folklore zu verharmlosen. Bossi musste dafür den vielen Gesetzen eine Mehrheit verschaffen, die seinen Kom- pagnon den Richtern entzog. Das ging lang gut, aber eben nicht auf Dauer. Mit dem Föderalismus ist es – auch wegen der unabsehbaren Kosten der Transformation Italiens – noch nicht weit her. Selbst die von der Lega Nord jubelnd eingerichteten Büros einiger Ministerien in Monza bei Mailand wurden kürzlich still wieder geschlossen. Und Berlusconi mit seinen pharaonischen Ausschweifungen zu verteidigen, fiel der
Ich versuche zu begreifen, was geschehen ist. Umberto Bossi,
Parteigründer überwiegend kleinbürgerlichen Partei immer schwerer.
Als Parteigründer vor 23 Jahren war Bossi sehr geschickt: Er griff das in den Nordregionen grassierende Vorurteil auf, man müsse mit der eigenen Arbeitsamkeit für die Faulheit im Süden aufkommen. Als man sich mit der landesweiten Partei Berlusconis zusammentat, wich der inneritalienische Rassismus einem gegen die Einwanderer aus armen Ländern.
Dabei darf man nicht übersehen, dass die Lega Nord sensibel für die Nöte der Arbeitnehmer und damit gut in der Bevölkerung verankert ist. Einst hatte die Partei skandiert: „Roma ladrona, la Lega non perdona“, was so viel bedeutet wie, dass Rom eine Diebin ist und die Lega dies nicht verzeiht. Und jetzt das: Führende Leute der Partei wurden von der Staatsanwaltschaft selbst als Diebe entlarvt. Bossi und Mitglieder seiner Familie werden verdächtigt, Parteigelder für private Ausgaben entwendet zu haben. Schwere Vorwürfe wurden auch gegen Bossis Söhne Renzo und Riccardo erhoben. Mehr als 200.000 Euro aus den Parteikassen sollen illegal an sie geflossen sein.
Bossi wehrt sich im Interview mit der römischen Tageszeitung „La Repubblica“gegen die Vorwürfe: „Ich versuche zu begreifen, was geschehen ist, dann werde ich die Lega von diesen Vorwürfen verteidigen, die meiner Ansicht nach absurd sind. Die Lega ist die einzige Oppositionspartei, die sich gegen die Bankier-regierung von Premier Mariomonti wehrt. Im Mai sind Kommunalwahlen geplant und gerade jetzt kommt es zu diesem Skandal, in dem meine Söhne attackiert werden. Man will mich durch meine Familie angreifen. Man muss Bossi vernichten, um die Lega Nord aus demweg zu räumen.“