Dokumente der Semperoper
„Die Stunde Null“und ein bewegender „Fidelio“
SALZBURG (SN). „Die Stunde Null“: So heikel der Begriff in seiner politischen Bedeutung auch ist, so kann er auf daswiedererstehen der Dresdner Semperoper nach dem verheerenden Feuersturm vom 13. Februar 1945 bedenkenlos angewendet werden. „Elbflorenz“lag in Schutt und Asche, aber schon wenige Monate später wurde ein dislozierter provisorischer Spielbetrieb eines der berühmtesten Opernhäuser und seines Orchesters, der Sächsischen Staatskapelle, wiederaufgenommen. Aber es dauerte vierzig Jahre, bis die endgültig restaurierte Semperoper 1985 wieder in ihren alten Glanz versetzt war. Ab 2013 ist das bedeutende Haus Koproduktionspartner der Osterfestspiele Salzburg. Bisher zwei Folgen einer „Edition Semperoper“(erschienen bei Profil/hänssler, ausgestattet auch mit dokumentarischem Filmmaterial und reichhaltigen Booklets) machen deutlich, woher die Energie des Wiederauf- baus ihren Nährstoff bezog: aus einer unvergleichlichen Ensemblekultur. Persönlichkeiten wie Christel Goltz – ihre Schlussszene der Salome ist trotz „historischer“Qualität ein überwältigendes authentisches Ereignis –, Ruth Lange, Lisa Otto, Elfride Trötschel, Kurt Böhme, Gottlob Frick, Hans Hopf unter Dirigenten wie Joseph Keilberth oder Rudolf Kempe bezeugen eine spezifische und reich differenzierte (deutsche) Stimmfach-besetzung, wie sie in dieser Charakteristik heute nicht mehr anzutreffen ist. Die auf Band erhaltenen Teile des „Fidelio“von 1948 (Goltz, Aldenhoff, Herrmann, Frick, Keilberth) stehen paradigmatisch für emphatisch empfundene Bekenntnismusik, Persönlichkeit im dramatischen Ausdruck und makellos wortdeutliche Diktion. Eine famose Lehrstunde in 70 Minuten!
Semperoper und Staatskapelle lesen Sie in der Kolumne „Klassisch Harb“am Sonntag auf SN-HD.