Wilde Teufel und Auferstehung
Ostern feiern die Südeuropäer als das „Fest der Feste“. Während nördlich der Alpen Osterei und Osterhase vor allem die Supermärkte bevölkern, sind in den Mittelmeerländern bis heute zahlreiche religiöse Zeremonien lebendig geblieben.
Andalusien zelebriert seit dem 16. Jahrhundert die „Semana Santa“, die Heilige Woche. Spaniens prächtigste Osterprozession ist jene in Sevilla. Mit Kutten und spitzen Kapuzen verhüllte Gestalten tragen barfüßig Holzbaldachine mit wertvollen Christus- und Marienfiguren durch die Straßen. In der Luft hängen Weihrauchschwaden, Osterkerzen erleuchten die Dunkelheit. Trauermusik und gesungene Gebete schaffen eine mystische Stimmung. Die hält nicht lang an: Bereits eine Woche nach Ostern beginnt die Feria de Abril, ein rauschendes Fest für ganz Sevilla – eine Woche lang. Ostern ist auch in der streng katholischen italienischen Re- gion Cilento das Fest des Jahres. Bei der nachgestellten Kreuzigung geht es ziemlich dramatisch zu: Römische Legionäre treiben den Schauspieler im Christus-kostüm gnadenlos den Berg von Casal Velino hinauf – unglaublich echt rinnt das Blut unter der Dornenkrone Jesu hervor. Unter lautem Wehklagen der Einheimischen wird der Heiland in der Karfreitagnacht an das Kreuz geschlagen und nach dem dramatischen Schauspiel wird die Auferstehung Christi am Ostersonntag schließlich mit einem riesigen Festmahl gefeiert.
Besondere Vorsicht ist in dem Dorf Prizzi bei Palermo geboten. Dort kann einen während der Feiertage nämlich der Teufel holen. Wüste Kerle, versteckt hinter Masken und Hörnern, tollen durch die mittelalterlichen Gassen – plötzlich schnappen sie sich ein Opfer und schleppen es in die nächst- beste Bar, wo es sich mit Schnaps auslösen muss. Das Spektakel endet, wenn die Engel die Teufel vor die Jungfrau Maria führen. Dann hat das Gute über das Böse gesiegt.
Kreta zu Ostern: Höhepunkt des griechisch-orthodoxen Osterfests (dieses Jahr am 15. April) ist die Auferstehungsnacht von Samstag auf Sonntag. Um Mitternacht werden in der Kirche die Lichter gelöscht, nur die Kerze des Popen leuchtet noch. An ihr zündet ein Gläubiger nach dem anderen die seine an. Draußen knallen die Feuerwerkskörper wie andernorts nur zu Neujahr. Wildfremde Menschen küssen einander die Wangen zum erlösenden „Christos anesti“(Christus ist auferstanden) und setzen sich nach dermesse zur Auferstehungssuppe Magiritsa zusammen. Die wird schon den ganzen Tag lang gekocht aus Schafsköpfen und Innereien. Dazu gibt es das süße Osterbrot und dunkelrot gefärbte Eier. Am Sonntagmittag feiern alle auf dem Dorfplatz weiter bei Musik, Tanz und Festessen mit gegrilltem Lammfleisch.
Auf der Insel Malta wird ab Gründonnerstag in vielen der 350 Kirchen und Klöstern das letzte Abendmahl aufgedeckt: Künstler erstellen aus farbigen Salzkörnern Gemälde mit christlichen Motiven auf den Tellern. Am Karfreitag zieht dann die große Prozession durch Valetta. Am Ostersonntag geht alles ganz schnell: Im Dauerlauf wird der Auferstandene durch die Straßen getragen. Früher durfte die Jesus-figur nämlich nur ganz kurz die Kirche verlassen – mehr erlaubte der britische Gouverneur nicht. Damit ihn trotzdem möglichst viele sehen konnten, rannten die schnellsten Männer der Stadt mit dem Heiland auf dem Buckel einmal um den Dom. So blieb es bis heute.