Die Medien und das Vertrauen
Nach der europaweiten „Trusted Brands“-studie 2012 vertraut knapp ein Drittel der Bürger den Journalisten. Sechs Mal mehr als Politikern, doch über drei Mal weniger als Feuerwehrleuten. Ist das gut oder schlecht? Bei der Pressefreiheit liegt Österreich laut „Reporter ohne Grenzen“unter 178 Staaten immerhin an fünfter Stelle. Im Untersuchungsausschuss des Nationalrats zu den Korruptionsskandalen sind Medien hingegen Gegenstand von Ermittlungen.
Inwiener Boulevardzeitungen wurden besonders viele Anzeigen von Regierungsinstitutionen und staatsnahen Unternehmen geschaltet. Dadurch steht der Verdacht des Kaufs willfähriger Berichte im Raum.
Das führt zur Frage, ob neben der Politikverdrossenheit eine Glaubwürdigkeitskrise dermedien besteht. Denn als Institution misstrauen im Eu-durchschnitt mehrmenschen den Zeitungen, als ihnen vertrauen: Im Herbst 2011 waren es gemäß Eurobarometer 51 Prozent.
In Großbritannien hat weniger als ein Fünftel Vertrauen in die Presse, nur in Finnland sind es fast zwei Drittel. Österreich liegt mit 61 Prozent ebenso im Spitzenfeld. Für das Fernsehen sind die Vertrauenswerte höher: Sie reichen in der EU bis zu drei Viertel – in Österreich sind es 71 Prozent – der Bevölkerung. Man glaubt also eher, was man sieht.
Das Internet stinkt mit 43 Prozent geradezu ab. Was für Zeitungs- und TVJournalismuswarnsignal sein sollte, umso mehr der Entwicklung eines Krawalljournalismus im britischen Stil zu trotzen. Allerdings gestaltet eine Zeitung – sie trägt den Namen der Republik – Grafiken des Politikervertrauens gern so, dass der Bundeskanzler führend anstatt unter allen Ministern im hinteren Feld abgebildet wird. Ebenso schlimm sind Pseudo-politumfragen im deutschen n-tv, wo man mitmehrwertnummern (!) Geld macht, um mittels Anrufzähler angebliche Volksmeinungen hinauszuposaunen. Hier braucht es Selbstkritik, ohne nach dem üblen Vorbild der Politiker mit Beschimpfungen das Image der eigenen Branche zu ruinieren. Sinnvoll wäre das Nachdenken über Verbesserungen immediensystem, von einer systematischen Fortbildung für Redakteure bis zu deren Verknüpfung mit der Presseförderung.
Stattdessen hat ausgerechnet der auf seinen Recherchejournalismus stolze „News“-verlag Auflagezahlen gefälscht. Fast alle Zeitungen stellten die jüngsten Daten dermediaanalyse voller Selbstlob und Eigeninteresse dar, sodass sie nie wieder einer Partei geschönte Politumfragen vorwerfen dürften.
Wir sind also keine Mediendemokratieinsel der Seligen, und das mediale Vertrauen ist nicht einmal automatisch besser als im ehemaligen Ostblock mit bis 1990 existierender Propagandapresse. Zeitungen Sloweniens und der Slowakei verfügen nämlich über ein hohes Renommee. Vermutlich deshalb, weil das Politik- und Parteienvertrauen ebenda noch mieser als hier ist.
Was Österreichs Medien anspornen sollte, mit ihrem Image sorgsamer umzugehen.