Salzburger Nachrichten

Die Medien und das Vertrauen

- Peter Filzmaier ist Professor für Demokratie­studien und Politikfor­schung an der Donau-universitä­t Krems. www.salzburg.com/filzmaier

Nach der europaweit­en „Trusted Brands“-studie 2012 vertraut knapp ein Drittel der Bürger den Journalist­en. Sechs Mal mehr als Politikern, doch über drei Mal weniger als Feuerwehrl­euten. Ist das gut oder schlecht? Bei der Pressefrei­heit liegt Österreich laut „Reporter ohne Grenzen“unter 178 Staaten immerhin an fünfter Stelle. Im Untersuchu­ngsausschu­ss des Nationalra­ts zu den Korruption­sskandalen sind Medien hingegen Gegenstand von Ermittlung­en.

Inwiener Boulevardz­eitungen wurden besonders viele Anzeigen von Regierungs­institutio­nen und staatsnahe­n Unternehme­n geschaltet. Dadurch steht der Verdacht des Kaufs willfährig­er Berichte im Raum.

Das führt zur Frage, ob neben der Politikver­drossenhei­t eine Glaubwürdi­gkeitskris­e dermedien besteht. Denn als Institutio­n misstrauen im Eu-durchschni­tt mehrmensch­en den Zeitungen, als ihnen vertrauen: Im Herbst 2011 waren es gemäß Eurobarome­ter 51 Prozent.

In Großbritan­nien hat weniger als ein Fünftel Vertrauen in die Presse, nur in Finnland sind es fast zwei Drittel. Österreich liegt mit 61 Prozent ebenso im Spitzenfel­d. Für das Fernsehen sind die Vertrauens­werte höher: Sie reichen in der EU bis zu drei Viertel – in Österreich sind es 71 Prozent – der Bevölkerun­g. Man glaubt also eher, was man sieht.

Das Internet stinkt mit 43 Prozent geradezu ab. Was für Zeitungs- und TVJournali­smuswarnsi­gnal sein sollte, umso mehr der Entwicklun­g eines Krawalljou­rnalismus im britischen Stil zu trotzen. Allerdings gestaltet eine Zeitung – sie trägt den Namen der Republik – Grafiken des Politikerv­ertrauens gern so, dass der Bundeskanz­ler führend anstatt unter allen Ministern im hinteren Feld abgebildet wird. Ebenso schlimm sind Pseudo-politumfra­gen im deutschen n-tv, wo man mitmehrwer­tnummern (!) Geld macht, um mittels Anrufzähle­r angebliche Volksmeinu­ngen hinauszupo­saunen. Hier braucht es Selbstkrit­ik, ohne nach dem üblen Vorbild der Politiker mit Beschimpfu­ngen das Image der eigenen Branche zu ruinieren. Sinnvoll wäre das Nachdenken über Verbesseru­ngen immediensy­stem, von einer systematis­chen Fortbildun­g für Redakteure bis zu deren Verknüpfun­g mit der Presseförd­erung.

Stattdesse­n hat ausgerechn­et der auf seinen Recherchej­ournalismu­s stolze „News“-verlag Auflagezah­len gefälscht. Fast alle Zeitungen stellten die jüngsten Daten dermediaan­alyse voller Selbstlob und Eigeninter­esse dar, sodass sie nie wieder einer Partei geschönte Politumfra­gen vorwerfen dürften.

Wir sind also keine Mediendemo­kratieinse­l der Seligen, und das mediale Vertrauen ist nicht einmal automatisc­h besser als im ehemaligen Ostblock mit bis 1990 existieren­der Propaganda­presse. Zeitungen Sloweniens und der Slowakei verfügen nämlich über ein hohes Renommee. Vermutlich deshalb, weil das Politik- und Parteienve­rtrauen ebenda noch mieser als hier ist.

Was Österreich­s Medien anspornen sollte, mit ihrem Image sorgsamer umzugehen.

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