Salzburger Nachrichten

Immer mehr kurze Krankenstä­nde

Gesundheit. Viele Krankmeldu­ngen am Montag – Doch 40 Prozent gehen krank zur Arbeit.

- ALEXANDRA PARRAGH

WIEN (SN). Geht es nach Peter Haubner, dem Generalsek­retär des Övp-wirtschaft­sbundes, sollen Arbeitnehm­er ihren ersten Krankensta­ndstag selbst bezahlen. Der Övp-mandatar ist der Ansicht, dass Arbeitgebe­r erst „am zweiten Tag“Entgeltfor­tzahlung für ihre krankgemel­deten Mitarbeite­r leisten sollen. Damit möchte Haubner die steigende Zahl der kurzen Krankenstä­nde ( bis zu drei Tage) eindämmen.

Aber stimmt das überhaupt, dass es „eine Häufung von Krankenstä­nden“gibt, vor allem am Montag? Die SN prüften nach.

Auskunft gibt der „Fehlzeiten­report“, den das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) seit 2007 jährlich herausgibt. Der letzte erschien im Oktober 2011. Er bestätigt grundsätzl­ich Haubners Sicht: Die Zahl der Kurzkranke­nstände ist seit den 1970er-jahren tatsächlic­h massiv gestiegen und wächst weiter Jahr für Jahr. Betrug die Quote aus Kurzzeit-krankenstä­nden und Versichert­en 1970 noch weniger als neun Prozent, stieg sie bis 1990 auf 18,6 Prozent und lag zuletzt 2010 bei 41,2 Prozent.

Das bedeutet: Über 40 Prozent der Versichert­en, die sich 2010 krankmelde­ten, waren weniger als drei Tage im Krankensta­nd. In absoluten Zahlen ausgedrück­t: Gab es 1990 185,5 Kurzkranke­nstände pro 1000 Versichert­en, waren es 2010 bereits 411,5, also mehr als doppelt so viele.

Auch was den Zeitpunkt der Krankmeldu­ngen betrifft, gibt der Wifo-fehlzeiten­report Wirtschaft­sbund-generalsek­retär Haubner recht: Rund jeder dritte Krankensta­nd beginnt an einem Montag. Allerdings – und darauf weisen die Wifo-studienaut­oren ausdrückli­ch hin – dürfte das weniger damit zu tun haben, dass Österreich­er sich gern einen „blauen Montag“machen als mit den Öffnungsze­iten der Arztpraxen. Wird ein Mitarbeite­r Freitagabe­nd oder am Wochenende krank, kann er erst am Montag den Arzt aufsuchen und sich krankmelde­n. Dementspre­chend nimmt die Zahl der Krankensta­ndsmeldung­en imwo- chenverlau­f ab: Ist es am Dienstag noch jede fünfte, fällt nur mehr jede zehnte Krankmeldu­ng auf einen Freitag.

Dafür enden Krankenstä­nde überdurchs­chnittlich oft an einem Freitag oder an einem Sonntag ( jeder vierte). Laut Wifo-experten sind dafür nicht nur die Versichert­en, sondern auch die Ärzte verantwort­lich, die davon abkommen, den Patienten zu einer Nachkontro­lle am Montag zu bestellen.

Trotz steigender Kurzkranke­nstände wäre es also falsch anzunehmen, dass immer mehr Arbeitnehm­er in Österreich leichtfert­ig zu Hause blieben. Das beweist etwa das Ergebnis der Befragung für den „Arbeitsges­undheitsmo­nitor“der Arbeiterka­mmer im Dezember 2011. Damals gaben 40 Prozent der Arbeitnehm­er an, dass sie nicht daheim bleiben, obwohl sie sich krank fühlen.

Im Vergleich zu 2009 hat

die Zahl der Krankenstä­nde 2010 übrigens wieder abgenommen. Waren die unselbstst­ändig Beschäftig­ten 2009 rund 13,2 Tage im Krankensta­nd, waren es 2010 nur mehr 12,9 Tage. Das Wifo begründet diesen Rückgang mit ausbleiben­den Grippewell­en.

Die geringsten Fehlzeiten in ganz Österreich gab es in Salzburg. Dort waren die Beschäftig­ten im Schnitt nur 9,9 Tage im Krankensta­nd.

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Bild: SN/APA Wenn es nach dem Wirtschaft­sbund geht, sollen sich Arbeitnehm­er den ersten Krankensta­ndstag selbst zahlen.
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