Immer mehr kurze Krankenstände
Gesundheit. Viele Krankmeldungen am Montag – Doch 40 Prozent gehen krank zur Arbeit.
WIEN (SN). Geht es nach Peter Haubner, dem Generalsekretär des Övp-wirtschaftsbundes, sollen Arbeitnehmer ihren ersten Krankenstandstag selbst bezahlen. Der Övp-mandatar ist der Ansicht, dass Arbeitgeber erst „am zweiten Tag“Entgeltfortzahlung für ihre krankgemeldeten Mitarbeiter leisten sollen. Damit möchte Haubner die steigende Zahl der kurzen Krankenstände ( bis zu drei Tage) eindämmen.
Aber stimmt das überhaupt, dass es „eine Häufung von Krankenständen“gibt, vor allem am Montag? Die SN prüften nach.
Auskunft gibt der „Fehlzeitenreport“, den das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) seit 2007 jährlich herausgibt. Der letzte erschien im Oktober 2011. Er bestätigt grundsätzlich Haubners Sicht: Die Zahl der Kurzkrankenstände ist seit den 1970er-jahren tatsächlich massiv gestiegen und wächst weiter Jahr für Jahr. Betrug die Quote aus Kurzzeit-krankenständen und Versicherten 1970 noch weniger als neun Prozent, stieg sie bis 1990 auf 18,6 Prozent und lag zuletzt 2010 bei 41,2 Prozent.
Das bedeutet: Über 40 Prozent der Versicherten, die sich 2010 krankmeldeten, waren weniger als drei Tage im Krankenstand. In absoluten Zahlen ausgedrückt: Gab es 1990 185,5 Kurzkrankenstände pro 1000 Versicherten, waren es 2010 bereits 411,5, also mehr als doppelt so viele.
Auch was den Zeitpunkt der Krankmeldungen betrifft, gibt der Wifo-fehlzeitenreport Wirtschaftsbund-generalsekretär Haubner recht: Rund jeder dritte Krankenstand beginnt an einem Montag. Allerdings – und darauf weisen die Wifo-studienautoren ausdrücklich hin – dürfte das weniger damit zu tun haben, dass Österreicher sich gern einen „blauen Montag“machen als mit den Öffnungszeiten der Arztpraxen. Wird ein Mitarbeiter Freitagabend oder am Wochenende krank, kann er erst am Montag den Arzt aufsuchen und sich krankmelden. Dementsprechend nimmt die Zahl der Krankenstandsmeldungen imwo- chenverlauf ab: Ist es am Dienstag noch jede fünfte, fällt nur mehr jede zehnte Krankmeldung auf einen Freitag.
Dafür enden Krankenstände überdurchschnittlich oft an einem Freitag oder an einem Sonntag ( jeder vierte). Laut Wifo-experten sind dafür nicht nur die Versicherten, sondern auch die Ärzte verantwortlich, die davon abkommen, den Patienten zu einer Nachkontrolle am Montag zu bestellen.
Trotz steigender Kurzkrankenstände wäre es also falsch anzunehmen, dass immer mehr Arbeitnehmer in Österreich leichtfertig zu Hause blieben. Das beweist etwa das Ergebnis der Befragung für den „Arbeitsgesundheitsmonitor“der Arbeiterkammer im Dezember 2011. Damals gaben 40 Prozent der Arbeitnehmer an, dass sie nicht daheim bleiben, obwohl sie sich krank fühlen.
Im Vergleich zu 2009 hat
die Zahl der Krankenstände 2010 übrigens wieder abgenommen. Waren die unselbstständig Beschäftigten 2009 rund 13,2 Tage im Krankenstand, waren es 2010 nur mehr 12,9 Tage. Das Wifo begründet diesen Rückgang mit ausbleibenden Grippewellen.
Die geringsten Fehlzeiten in ganz Österreich gab es in Salzburg. Dort waren die Beschäftigten im Schnitt nur 9,9 Tage im Krankenstand.