Türkei droht Syrien mit Gegenschlag
Zorn. Regierungschef Recep Tayyip Erdogan warnt. Syrien sei zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit geworden.
ANKARA, BRÜSSEL, DAMASKUS (SN-strick, dpa, AFP). Von den türkischen Dörfern an der Grenze zu Syrien aus sind seit dem Beginn des Aufstands gegen das AssadRegime in Damaskus regelmäßig syrische Panzer zu sehen: Die Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen in Syrien spielen sich hin und wieder vor den Augen der türkischen Nachbarn ab. In Zukunft riskieren die Besatzungen dieser Panzer und auch Transporter einen Militärschlag aus der Türkei. Syrische Truppenbewegungen an der Grenze werden von der Türkei ab sofort als potenzielle Bedrohung aufgefasst und bekämpft – das kündigte am Dienstag Regierungschef Recep Tayyip Erdogan an. Der Abschuss eines unbewaffneten türkischen Militärjets im internationalen Luftraum über dem östlichen Mittelmeer am vergangenen Freitag habe eine neue Lage geschaffen, sagte Erdogan. Mit dem unprovozierten Abschuss sei Syrien zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit geworden.
Und deshalb will die Türkei laut Erdogan künftig nicht lang fackeln. Fünf Mal drangen syrische Kampfhubschrauber nach türkischen Angaben in den vergangenen Monaten bei der Bekämpfung der Rebellen kurzzeitig in den türkischen Luftraum ein. Bisher beließen es die Türken bei einer Warnung an die Piloten – ab sofort soll ohne Zögern geschossen werden. Die Türkei sei kein Land, das „mit gefesselten Händen“einem Angriff wie dem auf ihr Flugzeug zuschaue, sagte Erdogan. „So wertvoll die Freundschaft der Türkei ist, so furchtbar ist ihr Zorn.“
Während Erdogan in Ankara sprach, gaben die NATO-Partner in Brüssel den Türken in dem Konflikt mit dem offenbar unberechenbar gewordenen Nachbarn Rückendeckung. „Wir verurteilen das (Abschuss eines türkischen Kampfflugzeugs durch Syrien, Anm.) in schärfster Weise“, sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Dienstag in Brüssel nach einer Sondersitzung. Auf die Frage, was die NATO bei einem erneuten Zwischenfall tun werde, sagte er: „Ich erwarte ganz sicher, dass so etwas nicht wieder passieren wird.“Die NATO müsste ansonsten „beraten, was sonst getan werden könnte“.
Nur wenige Kilometer von der syrischen Hauptstadt Damaskus entfernt hat es indessen nach Angaben der Opposition am Dienstag schwere Kämpfe gegeben. Bei Auseinandersetzungen zwischen der Armee und Aufständischen in den Vororten Kudsaja und al-Hama seien mindestens sechs Menschen getötet worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die Kämpfe fanden demnach in der Nähe von Posten der republikanischen Garde statt. Es sei das erste Mal, dass die Armee so nah an der umfassend gesicherten Hauptstadt schwere Artillerie eingesetzt habe, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle. Der in London ansässigen Stelle zufolge fuhr die syrische Armee zudem in Damaskus in den Stadtteil Barse mit Militärfahrzeugen ein. Dort seien auch Schüsse zu hören gewesen.
In der nordwestlichen Provinz Idlib nahm das Militär die Stadt Sarakeb unter Beschuss, dort wurden der Opposition zufolge innerhalb einer halben Stunde mehr als 20 Raketen abgefeuert. Angeblich starben allein amMontag fast hundert Menschen.