Rechte für die Einwanderer
USA. Das Oberste Gericht hat das kontroverse Immigrationsgesetz von Arizona in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt.
WASHINGTON (SN-spa). Der Supreme Court hat Präsident Barack Obama einen unerwarteten Erfolg vor Gericht beschert. Mit fünf zu drei Stimmen bekräftigten die Höchstrichter in den schwarzen Roben das Vorrecht der amerikanischen Bundesregierung, die Einwanderungspolitik in den USA einheitlich zu regeln. Richterin Elena Kagan enthielt sich des Votums, weil sie während ihrer Zeit im Weißen Haus mit der Anfechtung des Gesetzes in Arizona befasst war.
Das Gericht hält fest, dass der Bundesstaat es nicht zu einem Vergehen erklären kann, wenn jemand keine gültigen Einwanderungsdokumente mit sich führt. Ebenso darf die Polizei von Arizona Personen nicht auf den bloßen Verdacht hin, dass sie sich illegal in den USA aufhalten, festnehmen. Schließlich ist die Bestimmung in dem unter dem Kürzel „SB 1070“bekannten Gesetz verfassungswidrig, die Arbeitssuche von illegalen Einwanderern zu einer kriminellen Handlung erklärt.
Nicht in Konflikt mit der Verfassung steht nach der einstimmigen Meinung des Supreme Court die Überprüfung des Aufenthaltsstatus von festgenommenen Personen durch Beamte des Bundesstaates. Was bei einem Verstoß gegen das Einwanderungsrecht anschließend mit den Betroffenen passiert, obliegt den zuständigen Organen der Bundesregierung.
Präsident Obama hatte kürzlich erst per Verordnung die Ausweisung von sich illegal im Land befindlichen Menschen, die von ihren Eltern als Kinder in die USA gebracht worden waren, ausgesetzt.
Für Mitt Romney, den republikanischen Gegenkandidaten bei den Präsidentschaftwahlen im November, kommt das Urteil ungelegen. Romney hatte während der republikanischen Vorwahlen das umstrittene Einwanderungsgesetz von Arizona als „Modell“für die USA bezeichnet. Gleichzeitig versprach er, am ersten Tag nach seiner Amtseinführung sämtliche Klagen gegen Arizona zurückzuziehen.
Die Einwanderung zeichnet sich als zentrales Thema des Wahlkampfes in wichtigen Wechselwählerstaaten des Südwestens ab. Dazu gehören Colorado, New Mexico und Nevada. Einfluss könnte es auch in Florida haben. Obama hält bei den Latino-Wählern einen überwältigenden Vor- sprung gegen Romney. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup sieht ihn mit 66 zu 25 Prozent vorn. Experten vertreten die Ansicht, Romney müsse für einen Sieg in den genannten Staaten mindestens auf das Ergebnis John McCains kommen, der 2008 rund 31% der Latino-Stimmen holte.
Während der Supreme Court in einem weiteren Urteil lebenslange Gefängnisstrafen ohne Aussicht auf Bewährung für jugendliche Mörder für verfassungswidrig erklärte, ließen die neun Richter mit einer Entscheidung über die Ge- sundheitsreform weiter auf sich warten. Das Gericht fügte seinem Kalender einen weiteren und vermutlich letzten Verkündigungstag in dieser Sitzungsperiode hinzu. Damit sieht nun alles danach aus, dass das Urteil über die Jahrhundertreform des Gesundheitswesens morgen, Donnerstag, gesprochen wird.
In extrem seltenen Fällen hat der Supreme Court in der Vergangenheit Entscheidungen in die nächste Sitzungsperiode vertagt und zusätzliche Anhörungen angesetzt. In diesem Fall wird allgemein nicht damit gerechnet.