Derweltmeisterin das Postfach geknackt
Cybercrime. Ines Papert, Weltmeisterin im Eisklettern, wurde von Hackern heimgesucht. Die Zahl der Anzeigen steigt rasant.
GMAIN, WIEN (SN). Normalerweise sind es EMails über Klettertouren oder geplante Expeditionen, die Freunde von Ines Papert, vierfache Weltmeisterin im Eisklettern, erhalten. Dieses Mal war der Inhalt ein anderer. Denn in der elektronischen Post, die vom EMail-Konto der 38-Jährigen abgesendet wurde, war Folgendes zu lesen: „Ich bin nach London, UK verreist und habe meine Tasche verloren samt Reispass und Kreditkarte . . . Leider habe ich kein Geld dabei . . . Ich wollte dich fragen ob du mir ein bisschen Geld so schnell wie möglich leihen kannst. Ich muss unbedingt den nächsten Flug bekommen.Ich kann die die Details schicken wie du mir das Geld zukommen lassen kannst. Du kannst mich per e-mail erreichen oder an der Rezeption des hotels, die Telefonnummern sind +447024029894 oder +447024030611. Ich warte auf deine Antwort . . .“
Die Antwort erhielt jedoch nicht Papert selbst, sondern jener Unbekannte, der ihr Konto gehackt und die E-Mails abgeschickt hatte. „Ich habe Anzeige erstattet. Meine rund 2500 Kontakte sind alle weg. Einer meiner Freunde hat sogar schon 1000 Euro überwiesen“, sagt die deutsche Profisportlerin, als sie die SN telefonisch erreichen.
Ein Fall, der im österreichischen Bundeskriminalamt (BK) mittlerweile Alltag ist. „Das ist ein gängiger Modus von Betrügern. Zunächst wird das Passwort gehackt und dann der Bettelbrief an alle Kontakte versendet“, erklärt BK-Sprecher Mario Hejl. Wählt einer der Empfänger wirklich die angegebene Telefon- nummer, erreicht er einen vermeintlichen Hotelmanager, der erklärt, dass die betroffene Person zurzeit leider nicht erreichbar ist und man das Geld per Western Union überweisen soll. „Wir empfehlen auf jeden Fall, von jeglicher Überweisung abzusehen und den Hilferuf mit einem kurzen Anruf auf dem Handy des Betroffenen zu überprüfen“, sagt Hejl. Und Papert fügt hinzu: „Die Polizei hat mir erklärt, dass sich die Betrüger ganz bewusst prominente Opfer wählen, um so möglichst viele Kontakte zu erreichen.“
Verdopplung der Anzeigen
Laut der Statistik des Bundeskriminalamts ist die Zahl der Anzeigen wegen Betrugs im Internet im ersten Quartal 2012 auf 756 Fälle gestiegen. Im Vergleichszeitraum 2011 waren es noch 363 Anzeigen. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein.
Dass Betrüger das World Wide Web immer öfter für ihre kriminellen Machenschaften nutzen, wird auch bei einem Blick auf das Thema Cybercrime ersichtlich. Allein im vergangenen Jahr ist die Zahl der Anzeigen auf 5100 angestiegen. Im Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch 600 Fälle. Neben gefälschten E-Mails setzten Betrüger auch auf gefälschte Web-Shops, in denen Produkte bestellt, aber nie beim Auftraggeber ankommen, oder Datenklau. Laut Schätzungen konnten durch Internetbetrug allein im Jahr 2010 (letzte Erhebung, Anm.) 5,7 Millionen Euro Schaden angerichtet werden . Weltweit sind es 750 Milliarden Euro jährlich.
„Wir raten zu sicheren Passwörtern. Mit Groß- und Kleinschreibung oder Sonderzeichen. Die können nicht so leicht geknackt werden“, sagt der Sprecher des Bundeskriminalamts. Ihr Passwort dürfte nun auch die Weltmeisterin geändert haben. „Durch so etwas wird einem bewusst, wie sehr man von den elektronischen Medien abhängig ist. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen gefasst werden.“