Eurozone von vier Seiten festgezurrt
„Masterplan“. Eu-ratspräsident Van Rompuy veröffentlicht Reformplan für die Währungsunion. Er soll einen Kompromiss zwischen Nord und Süd ermöglichen.
BRÜSSEL (SN). Die EU-Außenminister tagten am Dienstag in Luxemburg. Die Finanzminister Deutschlands, Italiens, Spaniens und Frankreichs trafen einander am Abend in Paris. Und dort wollen heute, Mittwoch, auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Die Vorbereitungen für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel laufen auf Hochtouren. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat dazu am Dienstag ein den SN vorliegendes Kompromisspapier („Masterplan“) für den Umbau der Eurozone hin zu einer echten Wirtschafts- und Haushaltsunion präsentiert.
Nach dem Fiskalpakt ist dieser Entwurf für die Zukunft der Währungsunion und darüber hinaus der ganzen EU das wichtigste politische EU-Papier seit Langem. Es geht dabei vor allem auch darum, starre Fronten aufzubrechen. Ein Teil der Eurostaaten will rasch Instrumente einer gemeinsamen Schuldenpolitik, um das Auseinanderdriften der Zinsen für Staatsanleihen zwischen Nordund Südeuropa zu verhindern. Der andere Teil sagt: Zuerst müssen zentrale Kontrollen verstärkt und europäische Durchgriffsrechte geschaffen werden.
Herman Van Rompuy hat nun in Zusammenarbeit mit Eurogruppen-Chef JeanClaude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, und
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso ein kurz-, mittel- und langfristiges Konzept entworfen, das die Grundlage eines Kompromisses sein soll. Österreichs Regierung begrüßte am Dienstag den Vorschlag, die Deutschen gaben sich zurückhaltender. 1Grenzen
der Verschuldung Gemeinsame Entscheidungen in der Haushaltspolitik und das „Poolen“von Risiken soll eine „nachhaltige Finanzpolitik“sichern. So könnte es zum Beispiel Obergrenzen bei der jährlichen Neu- verschuldung und den Gesamtschulden geben. Würde ein Euroland diese Grenzen überschreiten, bräuchte es grünes Licht der Eurofinanzminister. Änderungen der nationalen Budgetpläne können eingefordert werden. 2Gemeinsame
Schuldenpolitik Mittelfristig, so heißt es in Van Rompuys Papier, könnten gemeinsame Staatsanleihen zur Finanzierung der Schulden begeben werden. Also keine Rede von kurzfristig, wobei auch das Wort „Eurobonds“, obwohl gemeint, vermieden wird. Das alles soll zunächst „untersucht“werden, „Fortschritte beim Poolen von Haushaltsentscheidungen
würden von angemessenen Schritten hin zum Poolen von Risiken begleitet“. Das Viererteam schlägt etwa kurzfristig laufende gemeinsame Schuldtitel (Eurobills) oder einen gemeinsamen Fonds zur Tilgung bestehender Schulden vor. 3Europäisches
„Finanzbüro“Noch einen Schritt weiter gehen die Reformvorschläge, wenn es heißt: Am Ende müsse es ein europäisches „Finanzbüro“(„treasury office“) geben. Auch hier wird bewusst das Wort „Finanzministerium“vermieden, wenngleich es dabei letztlich darum geht. Die Rolle und Funktion eines zentralen Budgets, auch im Zusammenhang mit den nationalen Budgets, müsse aber erst definiert werden. Verstärkt werden müsse auch die demokratische Kontrolle vor allem unter Einbindung des Europäischen Parlaments in stärkerer Zusammenarbeit mit den nationalen Volksvertretungen. 4Bankenunion
und Einlagensicherung Der „Masterplan“sieht eine Bankenunion vor, die drei Elemente umfassen soll: Eine mächtige europäische Bankenaufsicht, die gemeinsame Sicherung der Einlagen für private Konten sowie eine von den Banken selbst finanzierte Rettungseinrichtung für wankende Geldhäuser. Eine Bankenaufsicht soll offenbar bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt werden. Die bereits existierende, aber nicht wirklich schlagkräftige europäische Bankenaufsicht (EBA) wird nicht erwähnt.
Für die Einlagensicherung und für die Abwicklung maroder Banken soll es eine zentrale Behörde geben. Diese Institution soll, wenn es um die Eurostaaten geht, auch auf den Eurorettungsfonds ESM als letztem Rettungsanker zugreifen können.