„Gummiboot ist besser als ein Tanker“
Der Wiener Filmemacher Dieter-michael Grohmann rückt Klein- und Mittelbetriebe Europas ins Zentrum
Er bezeichnet sich selbst als „bunten Hund“. Die Karriere des 49jährigen Wieners Dieter-Michael Grohmann verlief jedenfalls mehr als facettenreich: Ob als Reinhardt-Seminarist für Regie nach der Matura, ob nach dem Jus-Studium als Marketing-Experte für Containerschiffe in einer dänischen Werft, ob als Absolvent der New York Film Academy oder auch als Geschäftsführer im Salzburger Landtagsklub in der Ära von Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP).
Heute lebt Grohman in Brüssel und ist mit einer in der EU-Kommission beschäftigten Griechin verheiratet („Ja klar machen wir auch heuer in ihrer Heimat Urlaub“). Der gebürtige Wiener war ständig auf dem Absprung: „Ich wollte immer meine Koffer packen und etwas Neues sehen. Für mich war das nie ein Weggehen, sondern ein Wohingehen.“
Vor sieben Jahren wurde der Jurist von der heimischen Wirtschaftskammer nach Belgien entsandt und ist nun Kommunikationsdirektor im EU-Dachverband für Klein- undMittelbetriebe. Insgesamt werden in der Organisation UEAPME mehr als zwölf Millionen Unternehmen mit fast 55 Millionen Beschäftigten vertreten. Grohmann: „Natürlich ist das hier nicht Hollywood. Aber für mich hat sich ein Tor aufgetan. Beruflich ist das hier die Champions League, hier fallen wichtige Entscheidungen. Brüssel ist die Hauptstadt von Europa, ob man will oder nicht.“
Der ausgebildete Dokumentarfilmer kann hier alle „seine Erfahrungen und Ausbildungen bestens nutzen“. Grohmann: „Ich liebe es, spröde Themen aufzubereiten, sie einfach und schnell begreifbar zu machen. Werbung für Joghurt und Waschmittel ist einfacher, als politische Inhalte für müde und desinteressierte Leute zu gestalten. Darin liegt die Herausforderung.“
Für Aufsehen im EU-Zirkel sorgte beispielsweise seine interaktive Videoinstallation zum Thema „Wie es sich anfühlt, Unternehmer zu sein“. Vom künstlerischen Chef der Oper in Rom, Ni- cola Sani, wurde für die Veranstaltung eigens eine Komposition gemacht. Grohmann stellte mit Räumen voller Kartons oder zahlreichen befestigten roten Bändern, die von der Decke hingen, „den Dschungel und Irrgarten für die Unternehmer – auch in der EU – dar“. Eine Doku über die Probleme von Betrieben bei der Nor- mierung von elektrischen Türen und Toren gestaltete Grohmann so nachhaltig, dass der damalige Vizepräsident der Kommission, Günter Verheugen, konstatierte: „Da müssen wir was machen.“
Die Unternehmerseite hat der Wahlbelgier eher unkonventionell kennengelernt, als Geschäftsführer im Marketingforum der österreichischen Marineausstatter AMEM. Grohmann: „Österreich hat Zulieferindustrie für den Schiffsbau. Zudem werden alle Unterwasserströmungs-Untersuchungen in Wien gemacht.“
Und wie sehr ist das Lobbying in der EU für die kleinen Unternehmen von Erfolg gekrönt? Grohmann: „Was inhaltlich herauskommt nach meinem Einsatz, weiß ich oft nicht. Dafür gibt es ja Experten. Aber man muss hier als Organisation schon dahinter sein. Industriebetriebe haben es wohl einfacher. Aber eigentlich kommt es auf die Wertschöpfung an, auf das Produkt, das man erzeugt. Die kleinen und mittleren Betriebe sind mitunter schlauer. Sie können in Krisen oft schneller reagieren als große Unternehmen. Ein Gummiboot kann besser sein als ein Tanker.“