Salzburger Nachrichten

„Wenn man allein ist, dann wird das Brot alt“

Unter vier Augen. Sein erstes Lebenswerk hat er um 30 Millionen Euro verkauft, sein zweites wird heute versteiger­t. Arnold Henhapl im Sn-gespräch.

- PETER GNAIGER

SCHLEEDORF (SN). Arnold Henhapl sitzt im Wintergart­en seines Einfamilie­nhauses und sinniert: „Der Kauf von Schloss Sighartste­in war in vielerlei Hinsicht ein Missverstä­ndnis.“Einer der Gründe sei gewesen, dass er seine Kinder von den Gefahren der Stadt fernhalten wollte: „Die kannst du während ihrer Jugend schwer kontrollie­ren.“Im Schloss, sagt Henhapl, würden sie vor den schnellleb­igen Versuchung­en der Großstadt sicher sein. „Was für ein Trugschlus­s“, sagt er augenzwink­ernd. „Kürzlich hat mir meine Tochter gestanden, was sie mit ihren Freundinne­n und Freunden dort alles angestellt hat.“Henhapl lacht. Das passierte nicht oft in den letzten Jahren. Eines wisse er jetzt aber schon: „Man kann kein Leben kontrollie­ren. Man kann es nur annehmen und versuchen, es zu gestalten.“

Das tat er lang sehr gut. Henhapl zählte zu den Mächtigen und Reichen im Land. Bereits im Alter von 28 Jahren gründete er die „Contact Fachausste­llungen“. Von da an ging’s bergauf. Steil bergauf. „Gegen den Widerstand der meisten Politiker“, erinnert er sich. Der damalige LH Wilfried Haslauer sei die rühmliche Ausnahme gewesen. „Mit ihm ging was weiter. Die anderen waren Verhindere­r, denen man jeden Quadratmet­er des Messegelän­des aus den Rippen nudeln musste.“InMomenten wie diesen blitzt wieder der „Messezar“, wie er in den Medien genannt wurde, in seinen Augen auf.

1991 hat er sein Unternehme­n um 30 Millionen Euro an die internatio­nale Reed Messe verkauft. Einen Teil davon investiert­e er in den Kauf von Schloss Sighartste­in. „Das war ziemlich desolat“, erinnert er sich. Die Renovierun­gskosten betrugen 7,5 Millionen Euro. Auch sonst habe er es sich damals recht gut gehen lassen. Er besaß eine Jagd in der Osterhorng­ruppe. „In Kanada hatte ich auch 3000 Square Miles“, sagt er. Sein Gesichtsau­sdruck verrät gerade, dass er sich heute fragt: „Warum eigentlich?“

Nach dem Verkauf seines Unternehme­ns blieb er unterneh-

Das Leben kann man nicht kontrollie­ren – höchstens gestalten. Arnold Henhapl

merisch tätig. Er war als Radiomache­r (Radio Melody) unterwegs und in Oberwart gründete er die Burgenland Messe. Sein Versuch, aus dem Schloss Sighartste­in ein Zentrum für noble Ausstellun­gsempfänge zu machen, ist schnell gescheiter­t: „Die Unkosten betrugen 200.000 Euro pro Jahr. Seit Ende der 1990er-Jahre dachte ich nur noch ans Verkaufen.“

Trotzdem genoss er das Leben damals vornehmlic­h auf seiner Luxusyacht: „Ich war jedes Jahr mindestens dreiMonate im Mittelmeer unterwegs. Manchmal sogar sechs Monate.“Die Geschäfte daheim seien wohl auch deshalb außer Kontrolle geraten, weil er zu viel Vertrauen in die handelnden Personen gesetzt habe.

Von nun an ging’s bergab. Steil bergab. Er fiel so tief, dass die Bank begann, seine Pension zu pfänden. „Von 1700 Euro auf 700 Euro“, sagt er. Also habe er sich in Konkurs geschickt. „Weil ich dann wieder die volle Pension erhielt.“Aufgeben zu müssen, um die Existenz zu sichern: Diese Erfahrung war neu für ihn – aber sie hat ihn geprägt wie keine andere.

Das Haus, in dem er wohnt, gehört seiner Frau. „Auch die Möbel, auf denen Sie gerade sitzen“, sagt er. Immerhin habe er bis zu seinem Lebensende dasWohnrec­ht in dem Einfamilie­nhaus. „Ich bin viel allein“, sagt er. „Das realisiert man übrigens erst, weil jeder Laib Brot, den man kauft, alt wird, bevor er fertig gegessen ist.“

Die Versteiger­ung des Schlosses werde er gelassen verfolgen: „Der Wert, den das Objekt hat, wird wohl nicht erzielt“, sagt er. Das tue ihm weh.

Jetzt schweift sein Blick in die Umgebung. „Wissen Sie“, sagt er. „Ich habe in meinem Leben so viele Menschen kennenlern­en müssen. Heute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben den Eindruck, dass ich welche kennenlern­en darf.“

Dann erinnert er sich noch an ein besonders schönes Erlebnis aus seinen Tagen als Multimilli­onär: „Auf dem Titicacase­e übergab mir der Kapitän eines Tragflügel­boots das Ruder. Ich habe ja das Patent. Da habe ich Gas gegeben – das Boot stieg auf, hinten 30 Preußen drinnen, das war – entschuldi­gen Sie bitte den Ausdruck – ein geiles Gefühl.“Und vor allem habe ihn der Kapitän nach dem Anlegen respektvol­l „Capitano“genannt. Diesen Titel nimmt ihm keiner mehr.

„Man kann auch kleine Boote segeln“, sagt er zum Abschied.

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