Taktgeber ohne Gleichklang
Noch immer gilt, dass in der EU nichts weitergeht ohne das deutsch-französische Tandem. Aber jetzt entsteht der Eindruck, dass die beiden Partner aus dem Tritt geraten sind. Präsident Hollande und Kanzlerin Merkel müssen das Verhältnis dringend neu justieren.
Noch immer sind politische Kultur undMentalität so verschieden: Frankreich setzt auf Atomenergie, Deutschland hat sich für den Atomausstieg entschieden. Frankreich hat ein zentralistisches, auf die Metropole Paris zugeschnittenes System, Deutschland bleibt stark föderalistisch. Frankreichs Präsident hat eine enorme Machtfülle, Deutschlands Kanzlerin aber ist angewiesen auf Kompromisse in der eigenen Koalition und mit der Opposition.
Erstaunlich, dass die beiden Staaten dennoch zu so enger Kooperation gefunden haben. Das ging gut, solange die Partner gleichrangig in Europa Regie führten. Heute hingegen haben die Franzosen das Gefühl, dass sie nur noch die Nr. 2 sind. Auch Präsident Sarkozy harmonierte zunächst wenig mit FrauMerkel. Er suchte das größer gewordene Gewicht Deutschlands auszutarieren – etwa mit seiner Idee einer Mittelmeerunion. Erst unter dem Druck der Krise fand er zur deutsch-französischen Zusammenarbeit zurück. Hollandes Start war vom Vorsatz geprägt, ein „Gleichgewicht“in Europa herzustellen. Konkret: Paris bildete eine Koalition mit den Südländern der EU. Eine falsche Idee, von der Hollande angesichts der Krise abrücken sollte. Die EU kommt nicht vorwärts, wenn die zwei stärksten Länder ihre Kräfte im Gegeneinander verschleißen.
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