Salzburger Nachrichten

Taktgeber ohne Gleichklan­g

- HELMUT L. MÜLLER

Noch immer gilt, dass in der EU nichts weitergeht ohne das deutsch-französisc­he Tandem. Aber jetzt entsteht der Eindruck, dass die beiden Partner aus dem Tritt geraten sind. Präsident Hollande und Kanzlerin Merkel müssen das Verhältnis dringend neu justieren.

Noch immer sind politische Kultur undMentali­tät so verschiede­n: Frankreich setzt auf Atomenergi­e, Deutschlan­d hat sich für den Atomaussti­eg entschiede­n. Frankreich hat ein zentralist­isches, auf die Metropole Paris zugeschnit­tenes System, Deutschlan­d bleibt stark föderalist­isch. Frankreich­s Präsident hat eine enorme Machtfülle, Deutschlan­ds Kanzlerin aber ist angewiesen auf Kompromiss­e in der eigenen Koalition und mit der Opposition.

Erstaunlic­h, dass die beiden Staaten dennoch zu so enger Kooperatio­n gefunden haben. Das ging gut, solange die Partner gleichrang­ig in Europa Regie führten. Heute hingegen haben die Franzosen das Gefühl, dass sie nur noch die Nr. 2 sind. Auch Präsident Sarkozy harmoniert­e zunächst wenig mit FrauMerkel. Er suchte das größer gewordene Gewicht Deutschlan­ds auszutarie­ren – etwa mit seiner Idee einer Mittelmeer­union. Erst unter dem Druck der Krise fand er zur deutsch-französisc­hen Zusammenar­beit zurück. Hollandes Start war vom Vorsatz geprägt, ein „Gleichgewi­cht“in Europa herzustell­en. Konkret: Paris bildete eine Koalition mit den Südländern der EU. Eine falsche Idee, von der Hollande angesichts der Krise abrücken sollte. Die EU kommt nicht vorwärts, wenn die zwei stärksten Länder ihre Kräfte im Gegeneinan­der verschleiß­en.

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Bild: SN/AP gemeinsam mit ihren Außenminis­tern den Vertrag über die „Organisati­on und die Grundsätze der Zusammenar­beit zwischen den beiden Staaten“. Damit schufen sie die Voraussetz­ung dafür, dass zwei Länder, die einander jahrhunder­telang bekriegt hatten, die...
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