Referendum über Präsidenten
Rumänien. Parlament beschloss Amtsenthebungsverfahren. Regierung und Opposition führen einen Kampf mit harten Bandagen. EU in Sorge.
BUKAREST (SN, n-ost). Das rumänische Parlament hat am Freitagabend die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den bürgerlichen Staatspräsidenten Traian Basescu beschlossen. Er muss sein Amt nun sofort 30 Tage ruhen lassen.
Bei der Sitzung beider Parlamentskammern in Bukarest stimmten am Freitagabend 256 der 373 Abgeordneten und Senatoren für die Absetzung des konservativen Politikers. Zwei Stimmen waren offenbar ungültig, meldete die rumänische Nachrichtenagentur Agerpres. Notwendig gewesen wären nur 217 JaStimmen. In Bukarest begannen unmittelbar nach der Verkündung des Ergebnisses Freudendemonstrationen.
Nun muss innerhalb von 30 Tagen ein Referendum über eine Amtsenthebung Basescus abgehalten werden. Deren Datum wollte das Parlament noch am Freitagabend beschließen. Senatspräsident Crin Antonescu übernimmt vorübergehend die Amts-
Victor Ponta, Premier geschäfte des Staatschefs. Die aus Sozialdemokraten und Liberalen bestehende Regierungskoalition von Regierungschef Victor Ponta wirft dem konservativen Staatschef unter anderem vor, sich widerrechtlich Regierungskompetenzen angeeignet und dabei gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Die EU-Kommission und Deutschland hatten sich am Freitag besorgt über die politische Krise in dem osteuropäischen Land gezeigt.
Bereits 2007 hatten die Sozialdemokraten ein ähnliches Verfahren gegen ihn initiiert, waren aber am Volksentscheid gescheitert. Doch diesmal sähen Basescus Erfolgschancen deutlich geringer aus. Für Basescu könnten sich die drastischen Sparmaßnahmen der vergangenen drei Jahre rächen. Die damalige liberaldemokratische Regierung hat 2010 sämtliche Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor um 25 Prozent gekürzt, wichtige Sozialleistungen wurden gestrichen, Krankenhäuser und Schulen geschlossen, Zehntausende Angestellte und Beamte entlassen. Diese Maßnahmen konnte Basescu oft nur durch Umgehung einer parlamentarischen Debatte und mittels diverser Tricks durchsetzen. Gleichzeitig waren unzählige Parteiprominente in Korruptionsaffären verwickelt. Die Popularität der rechtsliberalen Regierung sank so rasant, dass die eigenen Abgeordneten ihr die Unterstützung verweigerten und sie Ende April bei einem Misstrauensantrag der damaligen Opposition fallen ließen. Nach der Niederlage berief Basescu Anfang Mai Ponta zum neuen Ministerpräsidenten.
Angesichts der bevorstehenden Parlamentswahl im Herbst spitzt sich die Konfrontation zwischen den Lagern immer weiter zu. Die Sozialdemokraten wollen Basescu möglichst schnell loswerden – vor allem um zu verhindern, dass er nach der Wahl erneut eine Koalition um seine eigene Partei an die Macht beruft. Die Befürchtung ist berechtigt: Bereits 2005 und 2009 hatte Basescu die fragile Parlamentsmehrheit ignoriert, einen Premier aus dem eigenen Lager ernannt und durch wenig transparente Deals mit einzelnen Abgeordneten eine Regierungsmehrheit geschmiedet.