Wiener und Russen haben es nicht leicht
Vorurteile. Österreicher halten sich für freundlich, fleißig, gesellig und ganz schön korrupt. Salzburger gelten als kultiviert und humorlos.
WIEN (SN). „Engländer haben Backenbart und karierte Hosen; die Amerikaner legen die Beine auf den Tisch, Deutsche essen Sauerkraut – immer, in allen Lebenslagen – und die Franzosen? Die Franzosen haben’s mit den Weibern – man weiß das ja! – trinken Champagner und sind leichtfertige Windhunde.“Das schrieb Kurt Tucholsky im Juli 1924 zum Thema grenzüberschreitende Vorurteile.
Und wie (vor)urteilen die Österreicher 88 Jahre später? Champagner- und Sauerkrautkonsum wurden in der am Freitag veröffentlichten Umfrage des Linzer market-Instituts nicht abgefragt, verkürzte Vorurteile gegenüber anderen Nationen gibt es trotzdem genug, ebenso wie heimisches Selbstbewusstsein: Die Österreicher halten sich nämlich für besonders freundlich (72%), fleißig (66%) und gesellig (65%). Wir beurteilen Landsleute durchwegs viel positiver als Angehörige anderer Nationen.
Was die Korruptionsanfälligkeit betrifft, haben die jüngsten Skandale offenbar durchgeschlagen: 38 Prozent halten Österrei- cher für korrupt, was Platz vier in einer Korruptheitsskala hinter Russland (70%), Italien (57%) und der Türkei (45%) bedeutet.
Das Bild der Russen ist laut der Umfrage geradezu verzerrend negativ: So werden sie von 69 Prozent als brutal eingeschätzt und nur von neun Prozent als freundlich. Immerhin 38 Prozent halten Putins Landsleute für patriotisch. Die meisten positiven Eigenschaften entdecken die Österreicher bei den Schweizer Nachbarn. Die gelten als die Erfolgreichsten aller Nationen (64%) sowie als kultiviert (53%) und kaum weniger fleißig (59%) als die von sich selbst so überzeugten Österreicher, die sich allerdings für viel witziger und toleranter als die westlichen Nachbarn halten.
Nicht besonders gut weg kommen die Franzosen: Sie gelten zwar als kreativ und modern, aber auch als die Unfreundlichsten al- ler Nationen. Engländer erscheinen höflicher und traditionsbewusster. Skandinaviern gestehen wir Fleiß und Erfolg zu und halten sie für fast so tolerant wie uns selbst.
Im BundesländerMentalitätsvergleich kommen die Wiener am schlechtesten weg: Als hervorstechendste Eigenschaft der Bundeshauptstädter gilt die Ausländerfeindlichkeit, zudem gelten sie als schwer zufriedenzustellen, unfreundlich und korrupter als die übrigen Landsleute – aber immerhin auch als modern.
Ober- und Niederösterreicher werden ähnlich eingeschätzt, als freundliche, sympathische, familienorientierte Mitmenschen. Burgenländer gelten als nette, gesellige, bescheidene Familienmenschen, die auf der Erfolgsleiter unten vermutet werden.
Die Salzburger sieht man als überdurchschnittlich kultivierte Leute, die Traditionen hochhalten, freundlich, fleißig, sportlich und erfolgreich sind. Defizite gibt es bei Witz und Gemütlichkeit.
Der meiste Witz wird den Steirern zugestanden. Sie gelten überhaupt als die freundlichsten und sympathischsten Österreicher.
Kärntner sind laut der Umfrage sehr patriotisch und ebenfalls freundlich. In der Kategorie Fleiß sind sie österreichweit Schlusslicht, bei Ausländerfeindlichkeit und Korruptheit liegen sie hinter denWienern auf Platz zwei.