Wenigerwachstum in Osteuropa
Prognose. Forscher nehmen ihre Erwartungen für die meisten Länder noch einmal zurück. Striktes Sparen könnte daswachstum abwürgen.
WIEN (SN-hwk). Hauptsächlich externe Gründe sind dafür verantwortlich, dass sich die Wirtschaftsaussichten in Ost- und Südosteuropa stärker eintrüben. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) nimmt seine Prognosen für das Jahr 2012 für die meisten Länder der Region gegenüber früheren Schätzungen (vom November 2011 und Februar 2012) zurück. Zu den wenigen Ausnahmen gehören die Slowakei, Lettland und Litauen, die gegenüber der Februarprognose stärker wachsen sollten. Einige Länder – Tschechien, Ungarn, Slowenien, Bosnien und Herzegowina oder Serbien – dürften heuer eine leichte Rezession erleben. Die zehn neuen EU-Mitgliedsländer dürften mit durchschnittlich 1,2 Prozent Wachstum heuer aber wesentlich besser abschneiden als die Eurozone, die voraussichtlich um 0,3 Prozent schrumpfen wird. 2013 soll sich die Lage leicht verbessern.
Besonders dramatisch ist die Situation im Euroland Slowenien, wo mehrere Banken frisches Kapital brauchen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich das Land um Hilfe an die EU wenden werde, sagte die zuständige WIIW-Expertin Hermine Vidovic.
Als Grund für die generell schwächere Einschätzung für Osteuropa nennt WIIW-Volkswirt Peter Havlik das „unsichere und ungünstige Umfeld“. Dazu gehörten insbesondere die Turbulenzen der Eurozone, gestiegene Preise für Energie, Lebensmittel und Metalle sowie die Austeritätspolitik „fast überall“. Über die Sinnhaftigkeit dieser Politik gebe es auch innerhalb des WIIW geteilte Meinungen, sagt Havlik. Und offenbar auch unterschiedlichen Bedarf: Während eine Budgetkonsolidierung in Ungarn und den baltischen Ländern „ratsam“sei, hält das WIIW einen strikten Sparkurs in Tschechien, Polen und Rumänien für „eher kontraproduktiv“. Abhilfe könnte ein Umdenken der EU-Politik bringen, die anstatt des strikten Sparkurses effizient für eine Erneuerung der EU-Institutionen arbeiten sollte.