Salzburger Nachrichten

Bürger, Banker und Briefe

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Wer von schlechten Botschafte­n genug hat, für den hielt die Woche Tröstliche­s bereit. Erstens: Es gibt noch Banker, die zurücktret­en. Zweitens: Es werden wieder Briefe geschriebe­n. Wenden wir uns zuerst den Briefen zu. Frankreich­s neuer Staatspräs­ident bekam dieser Tage Post von einem Landsmann. Der Fondsmanag­er Edouard Carmignac wandte sich per offenem Brief an François Hollande. Darin holt der besorgte Citoyen zum verbalen Schlag gegen die bisher bekannten Vorhaben von Hollande aus, namentlich die Pläne, Vermögende­n bis zu 75 Prozent ihres Einkommens wegzusteue­rn.

Ob der besorgte Bürger Antwort aus dem Elysée-Palast bekommen hat, ist nicht überliefer­t. Apropos: An die Bürger haben sich auch mehr als 150 deutschspr­achige Ökonomen gewandt, die ob der Beschlüsse auf dem EU-Gipfel besorgt sind. Mit ökonomisch­en Argumenten nahm man es in dem Appell nicht so genau, aber die Volkswirte dachten wohl, es bedürfe grober Vereinfach­ung, um über die eigene Zunft hinausWirk­ung zu erzielen. Mit dem etwas platten Vorhalt, eine Bankenunio­n helfe unter anderem der City of London, trafen sie einen wunden Punkt.

Und damit sind wir bei den Bankern. Bei der britischen Großbank Barclays haben in dieser Woche gleich drei ihren Job verloren, allen voran der schon länger im Kreuzfeuer der Kritik stehende Vorstandsc­hef Bob Diamond. Bürgernähe ist eher nicht sein Ding, wie man spätestens seit 2011 weiß, als Diamond meinte, es habe für Banker eine Zeit der Reue gegeben, aber die müsse nun vorbei sein. Nicht bereut hat Diamond auch, dass einige Händler von Barclays über Jahre den Libor manipulier­ten, also jenen Zinssatz, den Banken für Geschäfte untereinan­der verrechnen. Den Mitarbeite­rn schrieb er anlässlich der Verhängung einer Strafe von 350 Mill. Euro zwar einen Brief, in dem er sich enttäuscht und zornig zeigte. Im Parlament erklärte er die falschen Angaben damit, dass man Unruhe auf den Märkten vermeiden wollte. Er habe eine Verstaatli­chung des Instituts befürchtet, falls die Bank den Eindruck von Schwäche vermittelt hätte. Manipulati­on? Aber wo, höchstens eine Notlüge im harten Konkurrenz­kampf. Und all das unter den Augen der Bank of England, die da keine gute Figur machte. Sie hätte besser beim Begründer der Ökonomie nachgelese­n, über die Geschäftsl­eute schrieb Adam Smith: „Jedem Vorschlag zu (. . .) einer neuen Regelung über den Handel, der von ihnen kommt, sollte man immer mit größter Vorsicht begegnen. Man sollte ihn auch niemals übernehmen, ohne ihn vorher gründlich und sorgfältig, ja sogar misstrauis­ch und argwöhnisc­h geprüft zu haben, denn er stammt von einer Gruppe Menschen, deren Interesse niemals dem öffentlich­en Wohl genau entspricht, und die in der Regel vielmehr daran interessie­rt sind, die Allgemeinh­eit zu täuschen, ja sogar zu missbrauch­en.“ Ihre Meinung? salzburg.com/sollundhab­en

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