Salzburger Nachrichten

„Formel 1 istversuch­slabor für die Serie“

Es spricht der Präsident. FIA-CHEF Jean Todt über die Formel 1 und seinen Zweifel an einer Frau in einem Cockpit der Königsklas­se.

- GERHARD KUNTSCHIK

Seit 2009 ist der frühere Rallyepilo­t und Sportchef von Peugeot und Ferrari, Jean Todt, Präsident des Internatio­nalen Automobilv­erbands (FIA). Im SN-Exklusivge­spräch vor dem sonntägige­n Grand Prix von Großbritan­nien sagt der 66-jährige Franzose, wie die Zukunft der Formel 1 aussehen muss, welche Prioritäte­n er setzt und wie es um die anderen Championat­e, den Nachwuchs und Frauen imMotorspo­rt bestellt ist. SN: Kostenredu­zierung und eine Budgetober­grenze sind derzeit wieder Haupttheme­n der Formel 1. Sind beide möglich und, wenn ja, wie sollen sie umgesetzt werden? Todt: In den zahlreiche­nMeetings mit den Teams in den vergangene­n Wochen sagte jeder auf die Frage, ob wir die Kosten senken wollen, Ja. Daher müssen wir jetzt zu Beschlüsse­n kommen. Und es wird sie geben.

SN: Schon für 2013? Todt: Als ersten Schritt, ja. Aber wir haben ja da noch die Fortsetzun­g des aktuellen Regelwerks. 2014 haben wir den neuen Antrieb, neue Chassisreg­eln und eine neue kommerziel­le Basis. Dieses Regulativ wird bis 2020 gelten. Alle Änderungen passieren unter folgenden Prämissen: Kostenredu­ktion, Verbesseru­ng der Show, umweltfreu­ndlicherer Sport auch für das oberste Level. Große Hersteller wie Mercedes, Ferrari, Re- nault können nicht bei ihren Serienauto­s immer umweltfreu­ndlichere Produkte anbieten und in der Formel 1 keinen Fortschrit­t machen. Die Formel 1 muss das Versuchsla­bor für die Serie sein. SN: Da war wohl auch der erste Sieg eines Hybridauto­s in Le Mans kürzlich ganz in Ihrem Sinn? Todt: Genau. Und wenn man die führenden Konzernman­ager von Volkswagen und Toyota dort sah, weiß man, welche Bedeutung dieses Ereignis und die neue Technik haben. SN: Glauben Sie, dass wir in der Formel 1 hinkünftig dritte Boliden der großen Teams oder Kundenauto­s sehen werden? Todt: Wenn wir den Sport kostengüns­tiger machen, brauchen wir keine dritten Autos. Es ist unsere Aufgabe, allen Teams den Einsatz ihrer Autos zu ermögliche­n. SN: Wie steht die FIA zum kommenden neuen Basisvertr­ag mit dem kommerziel­len Rechteinha­ber und den Teams? Todt: Wir beobachten die Verhandlun­gen genau. Für die FIA ist wichtig, dass es ein für alle Beteiligte­n positives Ergebnis gibt. SN: Und was denken Sie über den geplanten Börsegang der Formel1-Holding? Todt: Die FIA hat die kommerziel­len Rechte an der Formel 1 für 100 Jahre abgetreten. Wenn es nun einen Wechsel in den Eigentums- verhältnis­sen des kommerziel­len Rechteinha­bers gibt, werden wir Sorge tragen, dass die Zukunft des Sports gesichert ist. SN: Sie haben eine eigene Kommission für Frauen im Motorsport etabliert. Glauben Sie – unabhängig vom Testunfall Maria de Villotas – an eine Formel-1-Stammpilot­in in nächster Zeit? Todt: Die Formel 1 ist ein Sport auf oberstem Niveau. Auch wenn man wollte, dass eine Frau gegen Usain Bolt über 100 Meter antritt, wäre es physiologi­sch nicht möglich für sie, konkurrenz­fähig zu sein. Ich unterstütz­e die Kommission, die von der früheren RallyeVize­weltmeiste­rin Michèle Mouton geführt wird, so gut ich kann. Wenn wir in den nächsten Jahren eine Frau als Gegnerin von Vettel, Alonso und Hamilton sehen wollen, muss sie in einem Topauto eines Topteams fahren. Auf dem Papier gibt es die Chance, aber ich zweifle daran. SN: Welche Rolle spielt Gerhard Berger in Ihrem Verband? Todt: Er kümmert sich als Kommission­svorsitzen­der umden Aufbau der Nachwuchss­erien, die vom Karting zur Formel 1 führen sollen. Die Struktur muss solide aufgebaut werden. Ich habe nichts gegen kommerziel­le Rennserien auf dem freien Markt, aber die FIA muss Sorge tragen, dass Talenten der Weg in die Formel 1 ermöglicht wird, und zwar im erschwingl­ichen Rahmen. SN: Was denken Sie über die aktuelle Formel-1-Saison? Todt: Ein sehr erfrischen­des Jahr! Wie eng zuletzt in der zweiten Qualifikat­ionsphase in Valencia alle beisammen lagen, ist großartig. Ich bin happy damit. Ich bin froh, dass den Zuschauern eine ordentlich­e Show geboten wird. Ich hoffe, dass es so bis zum Jahresende bleibt. SN: Wer ist für die heurige Saison Ihr Titelfavor­it? Todt: Ich bin der Präsident der FIA. Mein einziges Ziel ist, den Sport auf dem bestmöglic­hen Niveau zu halten.

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Bild: SN/EPA Auf der Rutschbahn von Silverston­e: Alonso & Co. erwartet ein sehr nassesWoch­enende in den britischen Midlands.
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Bild: SN/GEPA FIA-Präsident

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