Wettangeln im Teich der Jungen
Nachwuchssorgen. Die Zahlen belegen: Es gibt immer weniger Pflichtschulabgänger. Die Wirtschaft angelt deshalb verstärkt nach Lehrlingen, die Schulen wollen ihre Klassen füllen. Wir müssen aus Platzgründen leider Schüler abweisen.
SALZBURG Die demografischen Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die Zahl der Jugendlichen in Österreich sinkt, und damit auch die Zahl der Pflichtschulabgänger. Vor allem für die Wirtschaft bedeutet dies noch weniger Nachwuchs für die Lehre und damit verbunden ein geringeres Fachkräftepotenzial in der Zukunft. Mit zahlreichen Aktionen und Kampagnen wird daher versucht, das Image der Lehre aufzubessern, um mehr Jugendliche anzulocken.
Diese Woche etwa veranstaltete dieWirtschaftskammer Salzburg eine „Berufserlebniswelt“, um jungen Menschen einen Blick in die reale Berufswelt zu ermöglichen. 30 Lehrberufe vom Bäcker über die Kosmetikerin bis zumMetalltechniker präsentierten sich im Wifi und in der Bauakademie. „Mehr als 400 Schülerinnen und Schüler packten die Gelegenheit beim Schopf“, resümiert zufrieden Hannes Enzinger, stv. Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk.
Weniger potenzielle Lehrlinge
Laut Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft ist in Salzburg bis 2016 mit einem deutlichen Rückgang der 15-Jährigen zu rechnen. Waren es 2007 noch 6689, so werden es 2016 nur mehr 5580 sein. „Wir müssen die Lehre deshalb weiter stärken“, betont Enzinger.
Derzeit bilden die Handwerksund Gewerbebetriebe im Bundesland rund 5000 Lehrlinge aus, das ist etwa die Hälfte der Gesamtzahl. Die andere Hälfte entfällt auf Industrie, Handel, Dienstleistungen etc. Mit Aktionen wie der Berufserlebniswelt, aber auch mit dem neuen und sehr gut aufgenommenen Programm „Lehre mit Matura“soll das Image des Lehrberufs weiter aufgewertet werden, um die künftige Lücke bei Fachpersonal nicht zu groß werden zu lassen. Enzinger: „Obwohl wir auch die Salzburger AHS zur Berufserlebniswelt eingeladen haben, hat sich kein einziges Gymnasium angemeldet.“Gefordert wird deshalb ein verpflichtendes Unterrichtsfach
Gerhard Klampfer,
„Berufsorientierung“nicht nur in der Neuen Mittelschule, sondern auch in den AHS. Auch damit sollen junge Menschen für die Lehre begeistert werden.
Gymnasium ist attraktiv
Die angesprochenen Gymnasien haben in dem „Gerangel“um die weniger werdenden Jugendlichen meist die besseren Karten. „Natürlich haben einige AHS in der Stadt und vor allem auf dem Land mit dem Abgang von Pflichtschülern zu kämpfen“, sagt etwa Gerhard Klampfer, Direktor am Wirtschaftskundlichen Realgymnasium in Salzburg: „Wir selbst sind davon aber nicht betroffen.“Ganz im Gegenteil zwinge ihn der Platzmangel, Schüler abzuweisen. „Viele wollen zu uns, wir platzen aus allen Nähten“, sagt Klampfer. Das betreffe nicht nur die ersten Klassen, sondern auch die Oberstufe. Zwar wechseln nach der vierten Klasse viele in andere Schulen, es kommen aber auch viele Neue dazu. Klampfer: „Wenn wir nur drei Oberstufenklassen weiterführen, können wir dafür eine fünfte erste Klasse aufnehmen.“
Gerade in der Oberstufe sei das Schulprofil eines wirtschaftskundlichen Realgymnasiums sehr attraktiv. „Wir setzen auf eine breit angelegte Unterstufe und eine Spezialisierung in der Oberstufe“, sagt der Direktor: „Wir sind die Einzigen, die verpflichtende Berufspraktika in der sechsten bis achten Schulstufe anbieten.“Zwar sei in den absoluten Schülerzahlen ebenfalls ein Rückgang bemerkbar, durch die geringeren Klassenschülerhöchstzahlen ändere sich aber nach Klassen gerechnet dadurch nichts.