Ganz die große Schwester
Serena Williams gewann am Samstag ihren fünften Wimbledon-titel
LONDON (SN). Auf dem „Heiligen Rasen“von Wimbledon war von der coolen Powerfrau SerenaWilliams für wenige Momente nicht mehr viel zu sehen. Überwältigt von ihrem fünften Wimbledon-Titel zeigte die 30-Jährige ihre emotionale Seite, blieb nach dem Matchball kurz auf dem Grün liegen, um danach in die Spieler-Box zu ihrer Familie zu klettern. Dort warteten schon Vater Richard, Mutter Oracene und ihre große Schwester Venus auf die vor Freude weinende Serena. Mit zittriger Stimme sprach sie in ihrer SiegerRede von ihrer „unglaublichen Reise“, die mit ihrem 14. GrandSlam-Turniersieg nun zu Ende gegangen. Zwei Seuchenjahre mit zwei Fußoperationen und einem lebensbedrohlichen Blutgerinnsel in der Lunge im Frühjahr 2011 schienen fast vergessen.
„Dieser Titel ist etwas sehr Besonderes für mich! Wenn es einem so schlecht geht, träumt man nicht einmal mehr davon. Ich steckte im tiefsten aller Tiefs“, erinnerte sich Williams an einenMoment, als sie nach der kaum enden wollenden Pechsträhne zwei Tage deprimiert nicht mehr von ihrer Couch aufstand. Statt aufzugeben, kämpfte sich die frühere WeltranglistenErste aber aus dem Loch heraus und wurde am Samstag mit ihrem 6:1, 5:7, 6:2-Finalsieg gegen die Polin Agnieszka Radwanska dafür belohnt. „Oh Gott, ich kann es gar nicht beschreiben - ich bin wieder da und ich bin so glücklich“, sagte Williams, bei den French Open noch blamabel in der ersten Run- de gescheitert, stolz mit dem berühmten Silberteller im Arm.
Tennis-Legende und BBC-Experte John McEnroe zollte der Kalifornierin Respekt, die vor den US Open 2011 noch Weltranglisten-172. war und ab Montag wieder auf Platz vier steht: „Sie ist eine der größten Athletinnen dieses Sports. Sie ist so einschüchternd, aber jetzt zeigt sie auch eine menschliche Seite.“
Einschüchternd war vor allem, wie Williams im Turnierverlauf sensationelle 102 Asse schlug – mehr als jeder Herrenspieler bis vor dem Endspiel am Sonntag. „Sie hat noch nie in ihrer Karriere so gut aufgeschlagen wie in diesem Turnier“, meinte Martina Navratilova.
Immer beeindruckender wird auch Williams’ Tennis-Lebenswerk: Mit ihren 14 Siegen bei den vier „Majors“zog sie mit ihrem Landsmann Pete Sampras gleich.
In der Frauen-Bestenliste der Profi-Ära liegt sie auf Platz vier hinter Steffi Graf (22 Titel), Chris Evert (USA/18) und Navratilova (USA/18). Mit fünf WimbledonErfolgen holte sie nun ihre ältere Schwester Venus ein: „Ich wollte schon immer alles das haben, was Venus auch hat“, witzelte sie. Mit der 32-Jährigen gewann Serena am späten Samstagabend noch die Doppel-Trophäe. Olympia in Wimbledon kann kommen.