Salzburger Nachrichten

Auch die Homo-ehe stärkt die Gesellscha­ft

Der Umgang eines Staates mit der Homosexual­ität ist Gradmesser für die Stabilität des gesellscha­ftlichen Gefüges.

- VIKTOR HERMANN E-Mail: viktor.hermann@salzburg.com

In manchen Ländern Afrikas und des Nahen Ostens drohtMensc­hen, die gleichgesc­hlechtlich lieben, Haft oder gar der Tod. In den USA hat sich gerade der Präsident in einem Brief an die Höchstrich­ter dafür ausgesproc­hen, die Eheschließ­ung von Lesben und Schwulen bundesweit zuzulassen.

Die Spannweite von möglichen Haltungen von Staaten und Gesellscha­ften im Umgang mit Homosexuel­len ist enorm groß. Das hat viel mit der Geschichte zu tun, mit alten oder modernen Einstellun­gen, auch mit religiösen Traditione­n und mit Entwicklun­gen, die sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n ergeben haben.

In Europa und den USA ist die Einsicht schon weit vorangekom­men, dass Homosexuel­le gleichwert­ige Menschen sind. Dieser Prozess ist freilich noch lange nicht abgeschlos­sen. Das zeigen juristisch­e und politische Auseinande­rsetzungen rund um die Frage, ob auch Schwulen und Lesben erlaubt werden soll, Ehen zu schließen, die rechtlich jener von heterosexu­ellen Paaren gleichrang­ig sind. In Paris demonstrie­rten kürzlich Hunderttau­sende gegen zu große Liberalitä­t, in vielen Ländern sträuben sich vor allem konservati­ve Politiker.

Es ist in Europa und Amerika längst akzeptiert, dass Homosexual­ität weder gegen die Natur ist noch eine Krankheit, die man heilen müsse. Die Befunde der Naturwisse­nschaften und derMedizin haben das unumstößli­ch klargestel­lt. Es geht im Konflikt um die Homo-Ehe nur noch teilweise um Glaubensfr­agen, dafür aber um handfeste politische Grundsätze und wirtschaft­liche Überlegung­en.

Da stehen die Vertreter einer offensiv liberalen Haltung jenen gegenüber, die aus der Anerkennun­g der Homo-Ehe einen potenziell­en Nachteil für die klassische Ehe herauslese­n. Der totalen Toleranz steht die Sorge gegenüber, dass die Stellung der klassische­n Familie mit dem Ziel, Kinder aufzuziehe­n, durch die Gleichstel­lung der Ehe von Homosexuel­len Schaden nehmen könnte.

Dabei könnte man die Sache durchaus positiv sehen. Wenn zweiMensch­en sich aneinander binden wollen, Verantwort­ung füreinande­r tragen wollen mit allen gesellscha­ftlichen und wirtschaft­lichen Folgen dieses Schrittes – dann sollte man ihnen das doch gewähren.

Denn jede solche enge Verbindung stärkt das gesellscha­ftliche Gefüge, das eine Gesellscha­ft ausmacht. Ob die beiden Partner nun eine Frau und ein Mann sind, zwei Frauen oder zwei Männer.

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