Tod eines schwierigen Menschen
Boris Beresowskis Tod gerade jetzt wirft viele Fragen auf – nicht nur die, ob er sich tatsächlich selbst das Leben genommen hat.
Er ist nicht besonders beliebt gewesen, weder unter den Putin-Anhängern noch unter den Gegnern. Boris Beresowski hat tatsächlich nicht nur während der Präsidentschaft Boris Jelzins viele Fäden gezogen – er hat vor allem Wladimir Putin an die Macht gebracht, weil er dachte, der kleine Petersburger KGB-Mann sei leicht zu manipulieren.
Er war jemand, der gern manipulierte und die Menschen für seine politischen Zwecke einsetzte. Er bezahlte mehrere Journalistinnen für Bücher gegen Putin und für Reportagen in den von ihm finanzierten Medien. Gleichzeitig sagen jene, die mit ihm arbeiteten, als er in Russland noch einer der mächtigsten Männer war, dass er ziemlich zugänglich war, dass man mit ihm reden konnte. Das ist mehr, als man von Putin und seinen engsten Mitstreitern erwarten kann. Er soll tatsächlich nach einer kostspieligen Scheidung, einer gerichtlichen Niederlage und anderen Problemen deprimiert gewesen sein, und ein Journalist von „Forbes“, der am Tag vor seinem Tod mit ihm gesprochen haben will, erklärte, Beresowski habe sich als lebensmüde bezeichnet.
Eine Obduktion ergab am Dienstag Strangulieren als Todesursache. Gleichzeitig fanden die Gerichtsmediziner keine Hinweise auf einen Kampf. So weit scheint sein Tod also tatsächlich ein unverdächtiger gewesen zu sein. Aber: In seinem Umfeld hat es allzu viele gefährliche und unklare Ereignisse gegeben – allen voran derMord an seinem Freund, dem einstigen KGB-Offizier Alexander Litwinenko, der bekanntlich in London, Beresowskis Exilort, mit Plutonium vergiftet wurde.
Eigentlich war es in jüngster Zeit ziemlich still geworden um Beresowski, den einzigen reichen Russen übrigens, bei dem die Bezeichnung Oligarch tatsächlich eine gewisse Rechtfertigung hatte, weil er mit seinem Geld auch wirklich Politik machte.
Auffällig ist die blitzartige Reaktion der russischen Führung, die wenige Augenblicke nach Bekanntgabe von Beresowskis Tod erklären ließ, der Staatsfeind Nummer eins habe Selbstmord begangen. Sicher ist, dass er eben dieser russischen Führung auch als Emi- grant immer noch ein Dorn im Auge war, weil er sich von London aus zu den wichtigen Themen Russlands zuWort meldete und keinen Hehl daraus machte, was er von seinem einstigen politischen Ziehsohn Putin hielt – nichts nämlich. Zudem unterstützte er immer noch die Opposition mit Geld. Jene Opposition, die jetzt die volle Härte der Repressionsmaschinerie zu spüren bekommt, in einem Land, das auf der einen Seite um unrechtmäßig erworbene und zum Teil in Zypern gebunkerte Gelder weint und auf der anderen Seite meint, Menschenrechtsorganisationen als „feindliche Agenten“einstufen zu müssen. Beresowski war gewiss nicht der Inbegriff des liberalen Gutmenschen – aber dieses heutige Russland wollte er nicht.