Frostige Stimmung im Eissalon
Saisonstart. Die Eisverkäufer in der Wiener Innenstadt schieben derzeit noch eine ruhige Kugel. Nur die Stammgäste unter den Schleckermäulern trotzen den Temperaturen.
WIEN (SN). Der Eissalon Tuchlauben im ersten Bezirk ist bekannt für sein Nougateis. „Die cremigen Sorten sind derzeit auch die einzigen, die gekauft werden“, sagt Eismann Alkan. 700 Liter pro Tag macht er im Sommer, im Moment ist er froh, wenn überhaupt Kundschaft kommt. Eine ist am Dienstag sogar im Geschäft. „Eis geht zu jeder Jahreszeit, da geht es ums Gefühl.“Sommer, Urlaub und Italien verbindet der Stammkunde mit der kalten Süßigkeit. Bei den frostigen Temperaturen ist das aber nicht jedermanns Sache. Anfang März hat die Eisdiele heuer aufgesperrt. An den wenigen sonnigen und warmen Tagen sei auch „die Hölle los gewesen“. Der neuerliche Schnee ist aber schlecht für das Geschäft. Trotzdem könnte nächstes Jahr die Winterpause im Eissalon Tuchlauben ganz entfallen. Dann müsse man aber auf Kaffee undMehlspeisen setzen.
Dieses Konzept geht auch einige Gehminuten entfernt auf. Im Café-Bereich bei Zanoni& Zanoni in der Rotenturmstraße herrscht Hochbetrieb. Eisverkäufer Stefano ist im Gegensatz zu seinen Kollegen nicht im Stress. „Am Nachmittag kommen sicher wieder ein paar Kunden“, ist er optimistisch. Einstweilen ist er mit dem Vorbereiten beschäftigt. An Auswahl bei den Eissorten mangelt es hier nämlich auch im Winter nicht. Mehr als ein Duzend warten hinter der Vitrine auf Kundschaft.
Drei Eiskugeln und ebenso viele Türen weiter ein ähnliches Bild beim Eisgreissler. Inhaber Georg Blochberger verkauft derzeit rund zehn Prozent von dem, was im Sommer täglich über den Ladentisch geht. Beliebt seien vor allem Eisboxen zum Mitnehmen. Tatsächlich. Eine Kundin entscheidet sich gleich für die große und mischt mehrere Sorten. „Dem Winter zum Trotz“, sagt sie. Mit der Eistüte auf der Straße wäre es aber trotzdem noch zu kalt, mitnehmen in die warme Stube ist da schon angenehmer. Das sehen auch die drei jungen Mädchen so, die kurz darauf ins Geschäft kommen. Eine davon wohnt in Wien, die anderen beiden sind zu Besuch aus Deutschland da. „Wir haben letzte Woche schon eines gekostet. Bevor wir abreisen, müssen wir einfach noch eins haben“, sagen die Urlauberinnen. Warum überhaupt jetzt schon Eis? „Weil schon offen ist“, sagt die dritte, die Stammkundin beim Eisgreissler ist. Ein Argument, das offenbar für viele nachvollziehbar ist. Am ersten schönen Tag heuer habe es schon eine Schlange vor der Eisdiele gegeben. „Nach so langer Zeit sind die Leute schon ganz gierig“, erzählt Blochberger.
Die wenigen warmen Tage in diesem März hat Emilio Fontanive leider verpasst. Er hat seine Eis- diele in der Himmelpfortgasse erst vor einer Woche aufgesperrt. Jetzt sei das Wetter „katastrophal“, die Kundschaft bleibe aus. Mehr als fünf Stammgäste am Tag würden sich kaum in den Eissalon verirren. Anders als im Vorjahr, da war der Saisonstart „ein Traum“. So schlecht wie heuer sei es überhaupt noch nie gewesen, sagt auch Fontanives Frau. Seit 1969 haben die beiden den Eissalon, an einen so langen und schneereichen Winter in Wien kann sie sich aber nicht erinnern. An Sommer ist zwar auch die nächsten Tagen noch nicht zu denken. Zumindest der Frost sollte sich aber auf die Eisvitrinen beschränken.