Salzburger Nachrichten

Die Banken sind zu, das Geld ist weg

Zypern. Gerüchte über den Abzug hoher Summen aus Zypern machen die Runde. Vor der für Donnerstag geplanten Öffnung der Schalter versorgt die Zentralban­k die kleineren Institute mit mehr Geld.

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NIKOSIA, WIEN (SN). Während die Kunden von Zyperns Banken an den Geldautoma­ten derzeit nur 100 bis 120 Euro pro Tag abheben können, sollen Anleger große Summen aus dem Land abgezogen haben. Parlaments­präsident Giannakis Omirou will dem Verdacht nachgehen, wonach es ungewöhnli­ch hohe Überweisun­gen ins Ausland sowie größere Bargeldabh­ebungen gegeben haben soll. Omirou forderte laut Medieninfo­rmationen eine Liste aller in den vergangene­n Wochen getätigten Transaktio­nen an. Auch die zyprische Regierung will diesen Vorwürfen nachgehen.

Zyperns Banken sind seit zehn Tagen geschlosse­n, die Öffnung der Schalter wurde mehrfach verschoben und ist nun für Donnerstag geplant. Mit Kapitalbes­chränkunge­n will die Regierung verhindern, dass große Summen abgehoben werden und den Banken das Geld ausgeht. Um dem vorzubeuge­n, wird auch die Zentralban­k Zyperns aktiv. Sie soll bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) beantragt haben, weitere Notkredite im Ausmaß von 2,5 bis drei Mrd. Euro ausreichen zu können. Dem Vernehmen nach soll der Betrag den kleineren Banken des Landes zur Verfügung gestellt werden.

Bevölkerun­g in Zypern richtet sich gegen die Geldgeber, aber immer stärker auch gegen die eigene Regierung und die Notenbank.

Der Umbau des zyprischen Bankensekt­ors schreitet voran, auch personell. Am Dienstag trat der Chef der Bank of Cyprus, Andreas Artemi, zurück – aus Protest gegen die Höhe der Zwangsabga­be, die für Kunden der Bank mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro vorgesehen sind. Laut Finanzmini­ster Michael Sarris steht die Höhe der Zwangsabga­be für Großanlege­r noch nicht fest, es könnten aber rund 40 Prozent werden. Dieser Teil der höheren Guthaben soll zur Rekapitali­sierung der Bank of Cyprus herangezog­en werden, die Einleger sollen mit Aktien entschädig­t werden. Für die Bank of Cyprus wurde ein Sonderverw­alter eingesetzt.

Die EU sieht die Rettung Zyperns und die Einbeziehu­ng von Großanlege­rn zwar nicht als Modell für die Zukunft, verweist aber auf einen Gesetzesvo­rschlag von Binnenmark­tkommissar Michel Barnier. Demzufolge wären Einlagen jenseits von 100.000 Euro künftig nicht vor dem Totalverlu­st geschützt. Auch im Europäisch­en Parlament zeichnet sich eine Mehrheit für diesen Vorschlag ab.

Darüber, wie mit angeschlag­enen Banken umgegangen werden soll, wird heftig diskutiert. Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em schwächte seine Aussage, wonach Zypern eine Blaupause sein könnte, zwar wieder ab. Doch die Stimmen, auf Bankinvest­oren zurückzugr­eifen, mehren sich. Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, sagt, Investoren dürften sich nicht mehr darauf verlassen können, vom Staat gerettet zu werden. Die Kosten für weitere Restruktur­ierungen von Banken könnten nicht länger dem Steuerzahl­er aufgebürde­t werden. „Es muss ein klares Signal geben: Wenn eine Bank kippt, sind die Investoren dran – und zwar die Eigentümer der Bank und die nachrangig­en Investoren, deren Kapital muss vollständi­g aufgebrauc­ht werden“, sagte Fuest.

Am Dienstag teilte die griechisch­e Piräus-Bank mit, dass sie die 312 Niederlass­ungen der Bank of Cyprus, der Laiki Bank und der Hellenic Bank für 524 Mill. Euro übernommen habe. Die Niederlass­ungen der zyprischen Banken in Griechenla­nd sollen bereits am Mittwoch wieder öffnen, Guthaben dort – laut Schätzung sind es 14,6 Mrd. Euro – seien nicht von der Zwangsabga­be betroffen, teilte Piräus mit. Die Piräus-Bank hat künftig 1660 Filialen und beschäftig­t 24.000 Mitarbeite­r.

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Bild: SN/AP Der Zorn der
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