Salzburger Nachrichten

„Pickerl“: Werkstätte­n bangen um ihr Geschäft

Eu-regelung. ÖAMTC warnt: „Pickerl“-prüfung könnte bei einem Prüfsystem à la TÜV teurer werden. Ob das so kommt, ist fraglich.

- HELMUT KRETZL

WIEN (SN). Die von der EU-Kommission geplante Einführung von Mindestnor­men für die regelmäßig­e Kfz-Überprüfun­g – in Österreich „Pickerl“genannt – sorgt für Wirbel. Konkret sind es die Pläne des deutschen Berichters­tatters im Europäisch­en Parlament, die eine Trennung von Werkstatt und prüfender Stelle vorsehen und die Wogen hochgehen lassen.

In dieser Form hätte das „verheerend­e Folgen“für die rund 5500 österreich­ischen Werkstätte­n, warnt die Wirtschaft­skammer Österreich (WKÖ). Damit würde für die rund 55.000 Automechan­iker ein wichtiges Geschäft wegfallen und – wie etwa in Deutschlan­d – an technische Prüfstelle­n wie TÜV oder Dekra übergehen, befürchtet Friedrich Nagl, der Bundesinnu­ngsmeister der heimischen Kraftfahrz­eugtechnik­er. Bei durchschni­ttlich einer Stunde Pickerl-Prüfung gehe es um ein Gesamtvolu­men von rund 480 Mill. Euro – ein Fünftel davon Mehrwertst­euer. Er sieht „keinen Grund, ein funktionie­rendes Sys- tem nach 41 Jahren infrage zu stellen“. Auch die Niederland­e und Großbritan­nien kämpfen für das Beibehalte­n ihrer Modelle, die dem in Österreich ähneln.

Der Wegfall des Wettbewerb­s unter den Werkstätte­n würde das Pickerl für Österreich­s Autofahrer teurer machen, erwartet Max

Der Vorschlag hätte verheerend­e Folgen für heimischeW­erkstätten.

K. Entacher, Wirtschaft­skammer

Lang, Technikche­f des ÖAMTC. Qualitativ sei kein Unterschie­d zwischen der Prüfung durch „Ingenieurs­institute“wie den TÜV oder durch gute Kfz-Mechaniker­meister festzustel­len. Der ÖAMTC selbst führt laut Lang „einige Hunderttau­send“der jährlich rund sechs Millionen PickerlPrü­fungen durch. Kaum Veränderun­gen zum bestehende­n Modell in Österreich erwartet dagegen Walter Posch vom TÜV Austria.

Die Überprüfun­g der Verkehrsta­uglichkeit von Fahrzeugen ist EU-weit sehr uneinheitl­ich geregelt. In manchen Ländern sind Motorräder oder Mopeds (anders als in Österreich) davon ausgenomme­n, auch die Prüfungsin­tervalle variieren stark. EU-Parlamenta­rier wie die Grüne Eva Lichtenber­ger sehen durchaus positive Aspekte einer Vereinheit­lichung. Sie will sich in Änderungsa­nträgen für strengeren Umweltschu­tz und die bessere Versorgung struktursc­hwacher Gebiete mit guten Autowerkst­ätten einsetzen.

Die Debatte um Prüfer und Werkstätte­n sei nur kleiner Teil einer „extrem komplexen Geschichte“, betont ein anderer EUParlamen­tarier. Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) erwartet, dass der Antrag intensive Debatten auslösen wird – mit höchst ungewissem Ausgang. „Ich glaube nicht, dass es so kommen wird“, sagt Leichtfrie­d. Erhofftes Ergebnis: „vernünftig­e Mindeststa­ndards“, auf die jedes Land im Bedarfsfal­l strengere Bestimmung­en aufsetzen kann.

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