Die unmögliche Mission
Fußball-wm. Eine europäische Mannschaft wurde noch nie in Amerikaweltmeister. Auch 2014 in Brasilien wird der Heimvorteil schwer zu knacken sein.
SALZBURG (SN). Noch ist die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien fern. Keine Mannschaft außer dem Gastgeber ist qualifiziert. Doch bei einigen macht man sich schon Gedanken über das größte Turnier des Weltfußballs. Vor allem eine Serie beschäftigt die Experten: Noch nie hat eine europäische Mannschaft den Titel geholt, wenn in Nord- oder Südamerika gespielt wurde.
Oliver Bierhoff, Teammanager der deutschen Nationalmannschaft, sagte deshalb dieser Tage: „Es ist für uns fast ein Ding der Unmöglichkeit, das Turnier zu gewinnen.“Dabei hatte Bierhoff zum einen die WM-Geschichte im Hinterkopf. Uruguay siegte 1930 im eigenen Land und 1950 in Brasilien. Die Brasilianer hatten 1962 in Chile, 1970 in Mexiko und 1994 in den USA die Nase vorn. Argentinien triumphierte bei der HeimWM1978 und 1986 inMexiko. Sieben Mal reisten die Europäer mit leeren Händen ab.
Oliver Bierhoff denkt aber auch an die logistischen und klimatischen Probleme. „Das wird ein ganz dicker Brocken“, resümierte er als Erkenntnis aus seinen ersten zwei Besuchen vor Ort. Die Größe Brasiliens macht mehrstündige Flugreisen notwendig, der Quartierfrage kommt deshalb entscheidende Bedeutung zu. DFB-Teamchef Joachim Löw kann die Skepsis seines Managers zum Teil nachvollziehen: „Es ist nach menschlichem Ermessen sehr schwierig. Aber der WM-Titel bleibt unser Ziel.“
Viele Südamerikaner sind seit Jahren in Europa engagiert und spielen hier bei den besten Clubs. Umgekehrt verschlägt es kaum einen Fußballer in der Gegenrichtung über den Großen Teich. Entsprechend wenig Spielpraxis unter den besonderen Verhältnissen ist vorhanden. Für Weltmeister Spanien und Vizeeuropameister Italien wird der Confed-Cup im heurigen Juni daher ein wichtiger Test im Hinblick auf 2014.
Italiens Nationaltrainer Cesare Prandelli sagt: „Es wird allein wegen der weiten Reise eine Herausforderung für uns.“
Das Turnier sollte auch Aufschluss über die wahre Stärke der Gastgebermannschaft geben. Brasiliens aktuelle Elf wird von den Insidern nicht gerade als absoluter Turnierfavorit gehandelt. Im November 2012 hatte Luiz Felipe Scolari, Weltmeister 2002mit Brasilien, das Traineramt wieder übernommen. Seinem Vorgänger Mano Menezes war nicht zugetraut worden, Weltmeister mit Brasilien zu werden. Auf der aktu- ellen Europa-Tournee überzeugt die Seleção nicht: Gegen Italien gab es nach einer 2:0-Führung nur ein 2:2. Gegen Russland musste sich der fünffache Weltmeister am Montagabend in London mit einem 1:1 zufriedengeben. Mit seinem Treffer in der Schlussminute bewahrte Fred seine Elf vor einer Niederlage. Nach derzeitigem Stand ist Argentinien, der klar Führende in der SüdamerikaWM-Ausscheidung, eher ein Favorit auf den Titel.
Aber die Unwägbarkeiten des WM-Turniers kann jetzt noch niemand abschätzen. Die Geschichte zeigt auch, dass die Europäer in Amerika zumindest ganz knapp dran waren, Weltmeister zu werden. 1978 wurde Argentiniens Team während der Militärdiktatur unter dubiosen Umständen beim Turnier bevorzugt. Und im Finale traf der Niederländer Rob Rensenbrink in der 90. Minute die Stange – es wäre der Siegtreffer gewesen. 1994 duellierte sich Italien mit Brasilien im Finale in Pasadena (USA). Im Elfmeterschießen versagten Franco Baresi und Roberto Baggio die Nerven – und so jubelten am Ende wieder die Brasilianer.