„Teamorder zu diesem Zeitpunkt unnötig“
Überholskandal. Sebastian Vettel ist abgetaucht, aber der Ärger um den Sieg-klau von Sepang ist noch lange nicht vorbei. Auch Formel-1-chefvermarkter Bernie Ecclestone meldet sich nun mit klarenworten.
LONDON, BERLIN (SN). Im Überholskandal von Malaysia muss Sebastian Vettel nun auch deutliche Kritik von seinen engsten Vertrauten in der Formel 1 schlucken. Der 25Jährige müsse „sein Ego zurückstecken“, befahl Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko, Vettels wohl wichtigster Förderer im Team, im hauseigenen Sender Servus TV. Der Titelverteidiger habe eine Grenze überschritten, als er in Sepang gegen die Teamorder verstieß und seinem Kollegen MarkWebber den Sieg entriss.
Auch Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz sei „nicht amüsiert“, sagte Marko der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Laut Webbers Vater soll der österreichische Milliardär dem wütenden Australier unmittelbar nach Rennende auch eine Kurznachricht aufs Handy geschickt haben. Den Inhalt der SMS verriet Alan Webber dem australischen Radiosender ABC aber nicht. Nur so viel: Webbers Position bei Red Bull sei sicher.
Sicher ist aber auch, dass Vettel – im Gegensatz zu Webber – vor keinem leichten Gang steht, wenn sich das Fahrerlager in gut zwei Wochen in Schanghai wiedersieht. Geschweige denn beim Treffen der beiden Teamkollegen vorher im Red-Bull-Werk in Milton Keynes.
Vettels Backgammon-Partner Bernie Ecclestone warnte den Deutschen bereits vor den Nachwirkungen seiner hitzköpfigen Aktion im WM-Kampf. „Vielleicht gibt es einen Punkt, wenn er gern die Hilfe vonMark hätte. Aber ich denke nicht, dass Mark dann kommt und das auch macht“, sagte der Formel-1-Chefvermarkter der britischen Zeitung „The Telegraph“. Daran hätte Vettel denken sollen, fügte Ecclestone hinzu.
Der Heppenheimer hatte nach dem zweiten Saisonrennen seinen Fehler eingeräumt und um Verzeihung gebeten. „Ich kann Marks Frust und den Ärger des Teams verstehen“, versicherte Vettel. Der Rennstall will die Vertrauenskrise möglichst intern lösen, wie es in einer Mitteilung heißt. „Es ist zu vermerken, dass dies keine ganz neue Situation für uns ist“, schrieb das Team.
Vettel undWebber waren schon in der Vergangenheit mehrfach aneinandergeraten. „Jeder Vorfall wurde auf unsere Weise hinter verschlossenen Türen geregelt, jetzt wird es nicht anders sein“, betonte Red Bull.
Mercedes-Rivale Lewis Hamilton rechnet nicht mit einem dauerhaften Frieden zwischen Vettel undWebber. „Sie hatten immer eine klare Nummer eins und Num- mer zwei. Und deshalb haben sie immer diese Probleme“, behauptete der Brite. Der Silberpfeil-Pilot hatte in Sepang selbst von einer Teamorder profitiert, als sich sein Kollege Nico Rosberg an das Überholverbot hielt.
Dies allerdings gefiel dem PSZirkusdirektor Ecclestone noch viel weniger als Vettels Eigensinn. „Zu diesem Zeitpunkt der WM glaube ich nicht, dass es überhaupt eine Teamorder geben sollte. Ganz egal bei wem“, sagte der 82-Jährige.
Vettel habe am Sonntag nur an die zusätzlichen sieben Punkte für seinen Sieg gedacht und mit seinem hochriskanten Manöver die 43 Zähler für den sicheren Dop- pelerfolg gefährdet, sagte Teamchef Christian Horner.
Zumindest verzichtet Webber auf die von einigen erwartete Kurzschlusskündigung. „Wir werden beim nächsten Mal in China sein“, versprach Vater Alan mit Blick auf das Rennen in Schanghai. Dann werden alle Augen auf Vettel undWebber gerichtet sein.