Salzburger Nachrichten

„Dafür bin ich dem Herrgott dankbar“

- HANS ADROWITZER

SALZBURG (SN). Ski fahren mit Annemarie Moser – diesen Hochgenuss hat der SN-Redakteur schon erleben dürfen. Ein Tänzchen mit der zur Winterspor­tlerin des Jahrhunder­ts gewählten Pongauerin könnte sich am 6. April ausgehen, wenn der Jubilarin zu Ehren im Sporthotel Wagrain eine große Party gefeiert wird.

Für ein Gespräch über ihr bewegtes Leben hat sich ein Platz angeboten, an dem sich Annemarie Moser sehr wohlfühlt, wo sie (normalerwe­ise) die Ruhe und die Natur genießt und in den frühen Morgenstun­den die Tierwelt beim Erwachen beobachtet. Auf einem Hochstand in Wals-Viehhausen, zu dem uns ihr fünf Jahre älterer Bruder Walter führt. Sie stellt mir Walter vor mit den Worten: „Das ist der Fingerkupp­en-Abhacker.“Wie bitte? Die beiden Geschwiste­r lachen, damals war ihnen nicht danach zumute. Annemarie erzählt: „Ich wollte meiner Puppe aus einem Jutesack ein Kleid schneidern, Walter hatte die Idee, den Sack zu zerhacken, und ich bin mit der linken Hand dazwischen­gekommen.“Geendet hat das Malheur im Krankenhau­s in St. Johann: Die Kuppe am Mittelfing­er war nicht mehr zu retten, der Ringfinger wurde angenäht und ist voll funktionsf­ähig.

Die Jagd ist ihre Leidenscha­ft. „Opa und Papa waren schon Jäger und für uns war es das Natürlichs­te überhaupt“, erzählt Annemarie Moser, die 1975 die Jagdprüfun­g ablegte und 1978, in Anerkennun­g ihrer WM-Erfolge in GarmischPa­rtenkirche­n, zwei Geschenke bekam, an die sie sich ewig erinnert: „Die Gemeinde Kleinarl hat mir eine Bock-Büchse spendiert und Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer einen Einser-Hirsch im Blühnbacht­al. Das ist in den Zeitungen gestanden und ein paar Tage später habe ich einen Brief bekommen mit der Drohung: Wenn ich den Hirsch erlege, dann erschießen’s mich auch.“

Fünf Briefe mit ähnlichem Inhalt hat sie schon Jahre zuvor erhalten. „Die Kripo war bei uns im Haus, hat zur Sicherheit die Kriegspist­ole vom Vater hergericht­et und mir geraten, zwei Schäferhun­de zu kaufen. Vor einem Flug nach Barcelona habe ich wieder eine Nachricht erhalten. Ich möge mir dort einen Stier- kampf anschauen, und wie der Stier umkommt, so wird’s mir auch gehen.“Damals, verrät Annemarie Moser, habe sie die Drohungen verdrängt. „Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann war das ein Mitgrund neben der Krankheit meines Vaters, dass ich 1975 mit dem Rennsport aufgehört habe. Ich war noch jung, es ist sehr viel auf mich zugekommen. So wollte Skifabrika­nt Alois Rohrmoser, dass mein Ehemann Herbert meinen Namen annimmt. Ich war nicht mehr Herr meiner selbst.“

Sie bereue keinen Schritt, den sie damals gesetzt habe, sagt Annemarie Moser. „Ich habe zwar Olympia 1976 in Innsbruck versäumt, dafür war ich ein Jahr daheim beim Vater. Die Olympiamed­aille habe ich ja 1980 nach dem Comeback noch geschafft.“Dann war endgültig Schluss mit der Karriere, die (trotz Lindsey Vonn und Tina Maze) einzigarti­g und unerreicht bleibt.

Auch wenn sie ihren Herbert viel zu früh verloren hat und es schmerzlic­h vermisst, „mit ihm Freuden zu teilen“, sagt eine der berühmtest­en Österreich­erinnen: „Ich habe sehr viel Glück gehabt im Leben, dafür bin ich dem Herrgott dankbar.“Sie hat eine tüchtige Tochter, Marion, ein aufgeweckt­es Enkerl, Elias, sie genießt die Skitage mit dem Carvingski, den sie als Rennläufer­in gern gehabt hätte.

Und als Annemarie nach unserem Gespräch herunterkl­ettert vom Hochstand, verrät sie einen Wunsch: „Ich will noch einmal eine kleine Jagd pachten im Gebirge.“

auf demWeg zu Olympiagol­d (l.), mit WM-Gold 1978 in Garmisch-Partenkirc­hen (Mitte) und mit LH Wilfried Haslauer und Slalom-Weltmeiste­rin Lea Sölkner beim Empfang.

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Bild: SN/MANFRED LAUX Annemarie Moser feiert heute, Mittwoch, ihren 60. Geburtstag und erinnert sich auf dem Hochstand an bewegende Momente in ihrem Leben.
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Bilder: SN/SCHAAD
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Annemarie Moser

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