Tödliches Ende einerwanderung
Verurteilt. Eine Lawine hatte im Pinzgau eine Gruppe Schneeschuhgeher erfasst, ein Mann starb. Die verantwortlichewanderführerin gestand, die Lage„falsch eingeschätzt“zu haben.
SALZBURG, NEUKIRCHEN (SN). Mit leiser Stimme, aber doch gefasst beantwortet die 47-jährige Beschuldigte Dienstag am Landesgericht Salzburg die Fragen von Strafrichterin Gabriele Glatz. „Ich stehe zu dem, was passiert ist. Ich habe damals die Lage falsch eingeschätzt. Das war ein Fehler.“
Damals, gemeint ist der 2. März 2012, war die Beschuldigte, ihren Angaben nach „Bergwanderführerin“mit jahrelanger Erfahrung, um etwa 10.30 Uhr mit 13 Urlaubern zu einer rund zweistündigen Schneeschuhwanderung in das Dürnbachtal im Gemeindegebiet von Neukirchen am Großvenediger aufgebrochen. Zur Mittagszeit löste sich etwa 200 Meter oberhalb der Gruppe auf einem ca. 40 Grad steilen Hang auf dem Braunkogel plötzlich eine mächtige Gleitschneelawine. Sie riss sechs Schneeschuhwanderer und auch deren Führerin mit – das Septett wurde teils vollständig verschüttet. Die schreckliche Folge: Ein deutscher Tourist (40) wurde getötet, die übrigen Verschütteten großteils leicht verletzt.
Staatsanwalt Christian Weismann wirft der 47-jährigen Pinzgauerin fahrlässige Gemeingefährdung vor: Unter anderem sei sie trotz der Warnung im Lawi- nenlagebericht, dass die Lawinengefahr an diesem Tag von Stufe 2 („mäßig“) bald auf Stufe 3 („erheblich“) ansteigen werde, „erst um halb elf Uhr und damit deutlich zu spät“zur Schneeschuhtour aufgebrochen.
„Das war sicher ein Fehler von mir. Ich habe mir den Lagebericht angeschaut. Letztlich hätte ich früher weggehen sollen“, räumt die Beschuldigte ein. Auf den Vorhalt der Richterin, dass „es außerdem keine ungefährliche Route war – mit steilen, baumfreien Hängen –“, meint die Pinzgauerin: „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass etwas passieren kann.“Der Staatsanwalt lastet der Wanderführerin auch an, sie habe die Gruppenmitglieder nicht durchwegs in Abständen gehen lassen: „Warum wurde der steile Hang von den Leuten nicht einzeln gequert?“, will Weismann wissen. Antwort: „Das war vielleicht auch ein Fehler.“
RA Andreas Ermacora, der Innsbrucker Verteidiger der Beschuldigten, betont, dass seine Mandantin „ganz klar die Verantwortung für das Unglück über- nimmt“. Auf die Frage der Richterin, warum nicht die gesamte Gruppe mit einer Standard-Notfallausrüstung ausgerüstet gewesen sei, sagt der Verteidiger, dass sich Wanderführer üblicherweise in einem Gelände aufhielten, wo dies nicht erforderlich sei.
Richterin Gabriele Glatz verurteilt die Pinzgauerin zu zehn Monaten bedingter Haft. Einer Angehörigen des getöteten Deutschen aus Nordrhein-Westfalen wird ein Teilschmerzensgeld in Höhe von 2000 Euro zugesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.