Mord an Studentin: Fall wird neu aufgerollt
Italiens Höchstgericht kippt Freisprüche und verfügt neuen Prozess gegen Amanda Knox und ihren Ex-freund
ROM (SN, APA, dpa). Der seit Jahren laufende Justizkrimi um die USStudentin Amanda Knox – von Medien „Engel mit Eisaugen“genannt – scheint zum schier endlosen Fall zu werden.
Fünfeinhalb Jahre nach dem grausigen Mord an einer britischen Ex-Kommilitonin von Knox im italienischen Perugia muss der Prozess gegen die US-Studentin neu aufgerollt werden. Das höchste italienische Gericht hob Dienstag den im Herbst 2011 gefällten Freispruch für die 25-Jährige Knox und ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito auf. Knox ist seit dem Freispruch wieder in den USA. Es ist wohl höchst fraglich, ob sie zum neuen Prozess, der in Florenz stattfinden soll, erscheinen wird.
Knox und dem Italiener Sollecito wird angelastet, die britische Austauschstudentin Meredith Kercher 2007 in Perugia bei ausufernden Sexspielen ermordet zu haben. Nach einer ersten Verur- teilung im Jahr 2009 – 26 Jahre Haft für Knox, 25 Jahre für Sollecito – waren sie im Oktober 2011 dann in zweiter Instanz freigesprochen worden. Dagegen hatten die Staatsanwaltschaft und die Familie des Opfers berufen.
„Ich bin enttäuscht. Man glaubt mir immer noch nicht“, sagte Knox nach Angaben ihres Anwalts Carlo Dalla Vedova am Dienstag zum Urteil. Sie habe in Seattle eine schlaflose Nacht in Erwartung des Urteils verbracht. Auch der in Verona studierende Sollecito hatte gehofft, „man könnte einen Schlussstrich ziehen“. Das sagte der 29-Jährige seinem Verteidiger Luca Mauri.
Als die Entscheidung des Kassationsgerichts Dienstag in Rom verlesen wurde, begrüßte sie der Anwalt der Familie Kercher, Francesco Maresca, mit einer geballten Faust als Siegeszeichen. Der neue Prozess soll nicht wieder in Perugia, sondern in Florenz stattfinden, entschied das Höchst- gericht. Eine Urteilsbegründung gab es vorerst noch nicht.
Die damals 21-jährige britische Austauschstudentin Kercher war im November 2007 mit durchschnittener Kehle, vergewaltigt, halb nackt und von Messerstichen übersät in ihrer und Knox’ gemeinsamer Wohnung in Perugia gefunden worden. Zwei Jahre später hatte man Knox und Sollecito in einem reinen Indizienprozess schuldig erkannt. 2011 sprach sie aber ein Berufungsgericht mangels Beweisen frei, nachdem große Zweifel an DNA-Tests laut geworden waren. Knox kehrte nach vier Jahren in italienischer Haft in ihre Heimatstadt Seattle zurück.
Geklärt werden muss nach dem Urteil des Kassationsgerichts also immer noch, wer Kercher getötet hat. In Haft sitzt der Afrikaner Rudy Guede – aber wegen Mittäterschaft und nicht wegen unmittelbaren Mordes. Er hatte 16 Jahre Haft erhalten, die vom Höchstgericht bestätigt worden waren.