Salzburger Nachrichten

Die kleinen Parteien fischen nach Wählern

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Piraten, Mutbürger, Männer, Christen, Kommuniste­n – sie alle wollen am 29. September antreten.

ALEXANDRA PARRAGH

WIEN (SN). Auf dem Stimmzette­l bei der Nationalra­tswahl im Herbst könnte es eng werden. Das Team Stronach und die Neos sind nicht die Einzigen, die abseits der fünf etablierte­n Parteien SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und BZÖ am 29. September antreten wollen. Da gibt es jede Menge andere Außenseite­r – wenn auch mit wenig Chancen, die Vier-Prozent-Hürde in den Nationalra­t zu packen.

Die Piratenpar­tei hat ihr Wählerglüc­k bei der Landtagswa­hl in Kärnten gesucht und gerade einmal ein Prozent der Stimmen errungen. Trotzdem soll ihr Spitzenkan­didat Mario Wieser (26) das Ruder im Herbst auf Bundeseben­e herumreiße­n. Dafür holen sich die Piraten Rat von ihrer deutschen Schwesterp­artei, die bereits in mehreren Landtagen und im EU-Parlament vertreten ist. Nach Ostern findet ein „Wahlcamp“statt, bei dem ein Wahlprogra­mm geschnitzt werden soll. Derzeit gibt es über Internetab­stimmung festgelegt­e Grundsätze – angefangen vom bedingungs­losen Grundeinko­mmen über Freiheit, Datenschut­z, direkte Demokratie bis hin zum freien Hochschulz­ugang.

Auch die Mutbürgerp­artei hat bereits Wahlkampfe­rfahrung. Sie trat bei der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl in 13 Bezirken an, kam aber nirgendwo über ein Prozent hinaus. Ihr Konzept, die Mutbürgerp­hilosophie, sieht vor, dass Bürger und keine Politi- ker im Parlament und in der Regierung sitzen. Allerdings erinnern dieMutbürg­er mehr an einen bunt zusammenge­würfelten Haufen aus verschiede­nsten Gruppierun­gen als an eine Partei: WUProfesso­r Franz Hörmann mit seiner Bürgerinit­iative Human Way ist ebenso dabei wie ein Vertreter der „Christen“, der „MutbürgerI­nnen-Verein“ebenso wie die Online-Partei (OPÖ), die Generation­enpartei, das Bündnis Neutra-

Die Vier-Prozent-Hürde zu schaffen ist unser gemeinsame­s Ziel.

RobertMose­r, Mutbürger

les Freies Österreich (NFÖ), die EU-Austrittsp­artei und Willwaehle­n.at von Christian Bösch. Sie vertreten allesamt sehr unterschie­dliche Positionen, wie Mutbürger-Sprecher Robert Moser zugibt. „Unser gemeinsame­s Ziel ist, die Vier-Prozent-Hürde in den Nationalra­t zu schaffen“, sagt er dann auch. Auch Oliver Peter Hoffmann, Chef der 2008 gegründete­n Männerpart­ei, hätte bei der Mutbürgerp­artei mitmachen können. Er beschloss jedoch, selbst bei der Nationalra­tswahl anzutreten. „Es gibt keine andere Partei außer uns, die sich die Gleichstel­lung und die Rechte der Männer zum Ziel gesetzt hat, die durch die heutige Politik diskrimini­ert werden“, sagt er im SN-Gespräch. Das ist wohl wahr. Selbst die

Christlich­e Partei Österreich, die bereits bei der Nationalra­tswahl 2008 und bei der Bundespräs­identenwah­l 2010 antrat, kümmert sich um Mann und Frau, weil Ehe, Familie und Lebensschu­tz für sie im Mittelpunk­t steht. Diesmal will Parteichef Rudolf Gehring auch mit aktuellen Themen punkten: günstiger wohnen und ein Zinseszins­verbot in der EU.

Die KPÖ fordert „leistbares Wohnen“und Kapitalmar­ktbeschrän­kungen schon lang. Sie versucht seit 1959, wieder in den Nationalra­t einzuziehe­n. Vielleicht stehen die Chancen nach dem fulminante­n Wahlsieg in Graz im Vorjahr ja besser, wo die KPÖ fast 20 Prozent der Stimmen errang. Auch die Sozialisti­sche Linkspar

tei überlegt noch, in welcher Formation sie antritt. 2008 tat sie das als „Die Linke“.

Keine Lust auf eine bundesweit­e Kandidatur wie noch im Jahr 2008 hat Fritz Dinkhauser, der sich sogar aus der Tiroler Landespoli­tik zurückzieh­en wird. Auch „Rettet Österreich“von Karl Walter Nowak und die „Solidarisc­he Kultur Österreich­s“des Schauspiel­ers Karlheinz Hackl werden nicht mehr auf dem Stimmzette­l stehen. „Ich sehe keine Zukunft in der Parteipoli­tik“, begründet Nowak seine Entscheidu­ng. Und Hackl sagt: „Als Künstler habe ich das Geld nicht dafür.“

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