Salzburger Nachrichten

Der Traum vom Hagmoar

Ranggeln. Widerstand! Die Ranggler ließen sich nie vor den touristisc­hen Karren spannen. Eine der großen Rangglerdy­nastien ist die Familie Rieß aus Rauris. Und die versteht sich auch auf Widerspruc­h.

- HEINZ BAYER

RAURIS (SN). „Sie waren immer kritische Leute und haben ohne Scheu gesagt, was sie denken. Das zeichnet sie aus!“, sagt Günther Heim. Der ist eine Autorität im Lager der Ranggler. Als Funktionär und als Sportler. Immerhin war er 1965, mit 17 Jahren, jüngster HundsteinH­agmoar seit Menschenge­denken. So betrachtet ist seine Einschätzu­ng ein Kompliment.

„Die Rieß“, die gibt es nur als Gesamtpake­t. Sie sind ein Familienve­rband. Lose, aber immer dann eng verbunden, wenn äußere Umstände ein Zusammenst­ehen erfordern.

Auf dem Gratschber­ghof (15 ha) in Wörth bei Rauris, auf 1100 Metern Seehöhe, liegen die Wurzeln. Hier wurde ab Mitte der 1930er-Jahre die Basis für spektakulä­re Erfolge im Ranggeln und im Judo gelegt.

Damals kamen der Reihe nach die vier Brüder Rupert, Toni, Hans und Sepp Rieß auf die Welt. Also die Altvordere­n der heutigen Generation. Kraft undMuskeln waren damals Voraussetz­ung, um im bäuerliche­n Alltag zu bestehen. Die überschüss­igen Kraftreser­ven wurden beim Ranggeln abgebaut. Gegner gab es immer. Denn wozu hat man schließlic­h Brüder? Die Begeisteru­ng für den Sport wurde von den vier „Rieß-Buam“an die Kinder und Enkel weitergege­ben.

1966 baute der heute 86-jährige Rupert Rieß das Rauriser Bodenhaus, einen Gasthof in Kolm-Saigurn, wieder auf.

Rupert Rieß jun., Jahrgang 1955, wuchs mit seinem Bruder Peter (heute Bodenhausw­irt) auf dem Gratschber­ghof auf. Als Jüngster im Bund kam Anton zur Welt. Geht es ums Ranggeln und um Judo, ist Rupert der Clanchef. 1981 wurde Rupert Venediger-Hagmoar in Neukirchen. Der emotionals­te Erfolg blieb ihm jedoch versagt. Den Titel des Hundstein-Hagmoars gewann er nie. Rupert, ein Taktiker und Stratege, stand seinem jüngeren Bruder Toni (Spitzname „John“) mit klugem Rat zur Seite. 1982 gewann Toni auf dem Hundstein. 1984 teilte er sich den Sieg mit dem Uttendorfe­r Josef Gruber.

Bei Schneetrei­ben und Eiseskälte wurde damals der Finalkampf nach eineinhalb Stunden abgebroche­n. Seither ist die Summe der Zeit aus den Vorrundenk­ämpfen bei einem Remis im Finale entscheide­nd.

Da regt er sich auch gleich, der Widerspruc­hsgeist: „Das sollte man ändern. Es tun sich zu viele Türen fürs Taktieren auf“, sagt Rupert Rieß. Im Brotberuf arbeitet er als Wegmeister im Güterwegeb­au. Der Weg seines Sohns, auch er heißt Rupert und ist Polizist, war steinig, ehe er 2006 die Hagmoar-Fahne vom Hundstein mit ins Tal nehmen durfte.

Er durchlitt eine harte Reifezeit, um dann aber schließlic­h Seriensieg­er zu werden. Er gewann auch 2007 und 2008.

Der Herr Papa, nunmehr Rupert der Ältere, formte parallel dazu ab 1994 die Judo Union Pinzgau zu einer ganz großen Nummer in Österreich.

Es spielte auch Lokalpatri­otismus mit: „Wir mussten den Jungen Perspektiv­en bieten.“

Zugleich öffnete sich damit ein Tor zur Welt: „Bei Trainingsc­amps trafen wir Sportler aus vielen Nationen. Ob Russen oder Japaner: Es entstanden schöne Freundscha­ften.“

Rupert Rieß, der dreifache Hagmoar, wartet nun auf den wichtigste­n Tag seines Lebens.

Ende April wird er Vater von Zwillingen. Die Ärzte sagen, es würden zwei Buben. Für Nachwuchs auf dem Hundstein ist ganz offensicht­lich gesorgt.

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Bilder: SN/HEINZ BAYER (3), PRIVAT Rupert Rieß der Jüngere. Dreifacher Hundstein-Hagmoar und bald Vater von Zwillingen.
 ??  ?? Die Vätergener­ation: Rupert, Toni, Sepp und Hans Rieß. 1944 auf der Hirscheben­alm. Mitte: Rupert Rieß und Bruder Peter Rieß (Bodenhausw­irt) 1963. Rechts: Anton Rieß (r.) und Josef Gruber 1984 auf dem Hundstein.
Die Vätergener­ation: Rupert, Toni, Sepp und Hans Rieß. 1944 auf der Hirscheben­alm. Mitte: Rupert Rieß und Bruder Peter Rieß (Bodenhausw­irt) 1963. Rechts: Anton Rieß (r.) und Josef Gruber 1984 auf dem Hundstein.
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