Ein starker Arm braucht Training
Selbst Frank Stronach hält die Gewerkschaft für wichtig. Damit das so bleibt, muss sie sich aber grundlegend ändern.
Mehr Urlaub, mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, mehr staatliche Investitionen, die die Wirtschaft ankurbeln sollen. Die Ansagen, die beim Kongress des Österreichischen Gewerkschaftsbundes zu hören waren, sind nicht neu. Sie gehören zum Standardprogramm.
Was inzwischen nicht mehr zum Standardprogramm gehört, ist, dass die Wünsche und Forderungen des ÖGB auch umgesetzt werden. Österreichs Gewerkschaften haben in den vergangenen Jahren einen erheblichen Machtverlust hinnehmen müssen. Mitgliederschwund und der Bawag-Skandal, der den ÖGB in eine finanzielle Krise stürzte, haben damit allerdings nur wenig zu tun. Es sind die globalisierten Märkte, die dem ÖGB das Leben schwer machen. Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will, lautete einst der Slogan der Gewerkschaften, wenn es darum ging, Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchzusetzen. Dann pro- duzieren wir halt woanders, lautet inzwischen die kühle Antwort vieler Arbeitgeber. Meist mit dem Hinweis, dass sonst die internationale Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr sei. Auf diese Herausforderung hat die Gewerkschaft keine Antwort gefunden.
Stark ist der ÖGB vor allem noch dort, wo die Arbeitgeber dieses Drohpotenzial nicht haben, etwa im öffentlichen Dienst. Dort scheitern Regierungen reihenweise, wenn es darum geht, Österreichs Beamtenstaat zu reformieren. Die endlose Debatte um ein neues Dienstrecht für Lehrer ist dafür nur ein Beispiel.
Das ist ein weiteres Problem, das dem ÖGB zu schaffen macht. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit ihren Betrieben in einem harten Wettbewerb stehen, sehen überhaupt nicht ein, dass der ÖGB bei Reformen in der Verwaltung immer Nein sagt und sie das mit immer höheren Steuern und Abgaben finanzieren müssen.
Der ÖGB gerät so zunehmend in Gefahr, zu einem Riesen auf tönernen Beinen zu werden. Was Auswirkungen auf das ganze Land hätte. Denn dann wäre auch die Sozialpartnerschaft in Gefahr, die einen wesentlichen Anteil daran hat, dass es Österreich gut geht.