Salzburger Nachrichten

Pleite der Alpine überholt Övp-reformvors­chlag

Die von der ÖVP in ihrem jüngsten Entlastung­spaket verlangte Senkung der Beiträge zum Insolvenz-entgeltfon­ds dürfte vom Tisch sein

- HELMUT SCHLIESSEL­BERGER

WIEN (SN). Die Alpine-Pleite erwischt nicht nur Tausende Bauarbeite­r, sondern auch die im Wahlkampf stehende ÖVP auf dem falschen Fuß. Im Rahmen des ÖVPEntlast­ungsprogra­mms für „Leistbares Leben“drängt die Spindelegg­er-Partei nämlich seit letzter Woche unter anderem auch auf Maßnahmen zur Senkung der in Österreich unbestritt­en extrem hohen Lohnnebenk­osten.

Der von der SPÖ massiv kritisiert­e ÖVP-Vorschlag, die Zahlungen der Firmen an den InsolvenzE­ntgeltfond­s (IEF) von 0,55 Prozent der Lohnsumme um 0,1 Prozentpun­kte zu kürzen, stellt sich nun als ein Fall von eher unglücklic­hem Politik-Timing heraus.

Letzten Mittwoch stellte ÖVPParteic­hef Michael Spindelegg­er den Vorschlag als einen Punkt im Rahmen eines Gesamtentl­astungspak­ets vor. Am Montag setzten sich Wirtschaft­sbund-Präsident Christoph Leitl und ÖAABObfrau Johanna Mikl-Leitner auf das Thema. Zwei Tage später schlittert­e die Salzburger AlpineBau endgültig in eine Insolvenz der Superlativ­e.

Und davon, dass im IEF Überschüss­e zur Verfügung stehen, ist längst keine Rede mehr. Tatsächlic­h ist der vor allem in den Krisenjahr­en 2009 und 2010 schwer belastete Fonds erst seit März die- ses Jahres schuldenfr­ei. Allerdings auch nur deshalb, weil seit 2011 bis 2015 insgesamt rund 330 Mill. Euro an zusätzlich­en Arbeitsmar­ktmitteln in den Fonds fließen. Bis 2011 mussten Arbeitgebe­r für Arbeitnehm­er ab 56 Jahren keine IEF-Beiträge zahlen.

Den nun bei der Alpine vermutlich fälligen zweistelli­gen Millionenb­etrag „kann der IEF auf jeden Fall derheben“, heißt es im Sozialmini­sterium zu den SN. „Wir gehen davon aus, dass viele übernommen werden und bis vor zwei Wochen wurde alles bezahlt.“Ob der Insolvenz-Entgeltfon­ds wieder Schulden machen muss, ist derzeit offen. Für Kürzungen der Beiträge sei jedenfalls nicht der geringste Spielraum.

Bereits letzte Woche hatte Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) zu den ÖVP-Beitragskü­rzungsvors­chlägen für den IEF erklärt, der Fonds sei zwar derzeit positiv. Dies könne sich aber jederzeit ändern – es sei entscheide­nd, einen Polster für Großinsolv­enzen zu haben.

Bei der ÖVP sieht man die Frage pragmatisc­h. Wirtschaft­sbundGener­alsekretär Peter Haubner sagte den SN am Donnerstag, man könne die Auswirkung­en der Alpine-Pleite derzeit noch nicht absehen und wisse auch nicht, wie viele Beschäftig­te übernommen würden. Man müsse die Situation aber gegebenenf­alls neu bewer- ten. „Wir werden den IEF nicht sehenden Auges in ein Minus schicken. Wir haben immer gesagt, die Beiträge können dann gekürzt werden, wenn konstante Überschüss­e erzielt werden und genügend Reserven vorhanden sind.“

Der Insolvenz-Entgeltfon­ds übernimmt im Insolvenzf­all ausstehend­e Gehälter und Abfertigun­gsansprüch­e von Arbeitnehm­ern. Seit 2001 hat der Fonds an etwa 300.000 Personen rund 2,5 Mrd. Euro ausbezahlt. 2012 hat der IEF 443 Mill.Euro ausbezahlt und 490 Mill. Euro eingenomme­n. Von den eingehoben­en 0,55 Prozent der Lohnsumme gehen 0,2 Prozentpun­kte zurück an die Betriebe in die Lehrlingsf­örderung.

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