Zweisprachige Schule ist nicht erwünscht
Enttäuscht. Im burgenländischen Seewinkel soll eine privatewaldorfschule mit Kindern aus Ungarn und Österreich entstehen. Der Landesschulrat hat gar keine Freude damit.
PAMHAGEN (SN). Ein Schulprojekt erregt die Gemüter im burgenländischen Seewinkel. Die Familie Angela und Werner Michlits aus Pamhagen hat sich entschieden, ihre drei Kinder in einer Privatschule gemeinsam mit Kindern aus Ungarn zweisprachig unterrichten zu lassen. Der Schulbehörde ist dieses Anliegen ein Dorn im Auge, die Errichtung der „Waldorfschule Pannonia“wurde vom Landesschulrat für das Burgenland im Mai untersagt.
Und zwar unter anderen mit folgender Begründung: „Dass die SchülerInnen zu gleichen Teilen aus Österreich und Ungarn kommen, mag zwar der europäischen Idee entsprechen. Bei der gegenwärtigen Diskussion über den stark zunehmenden Besuch ungarischer Kinder von burgenländischen Pflichtschulen erscheint dieses grenzüberschreitende Privatschulkonzept nicht erstrebenswert.“Zudem wird argumentiert, dass an jeder öffentlichen Schule im Burgenland die Möglichkeit bestehe, Ungarischunterricht als Pflichtgegenstand oder unverbindliche Übung zu nehmen.
Die Familie Michlits hingegen sieht in ihrem Modell eine Zukunftschance für den Schulstandort Pamhagen, der ansonsten über kurz oder lang wegen zu weniger Schüler aufgelöst werden müsste. „Wir könnten eine Pionierschule aufbauen, die von einer breiteren Umgebung – zehn Gemeinden in Ungarn und acht im burgenländischen Seewinkel – getragen wird“, sagt Werner Michlits. „Das Projekt bewegt, befruchtet die Gegend und inspiriert das öffentliche Schulwesen.“Dort seien beispielsweise plötzlich rhythmische Elemente aus derWaldorfpädagogik im Regelunterricht eingeführt worden. Konkurrenz belebt.
Mitten im Ort steht der alte, ehemalige Bauernhof, in dem sich die Kinder aus dem Seewinkel und aus Ungarn bis zur Genehmigung als Schule sporadisch zum „häuslichen Unterricht“treffen. Die Klassenzimmer sind bewusst spartanisch eingerichtet – eine Tafel, ein paar alte Holzbänke, Kinder lernen Ungarisch
spielerisch.
Familie Michlits,
Spielzeug basteln die Kinder aus Naturmaterialien (Holz, Schafwolle).
„Unsere Idee war, die Zweisprachigkeit zu leben“, erzählt Werner Michlits, dessen Vorfahren zur Hälfte aus Ungarn stammen. „Wir sind Ungarn viel näher als allen anderen Bundesländern in Österreich. Das fängt mit der Küche an, die extrem von Paprika und rotem Zwiebel geprägt ist, und geht über die Volksmusik bis zur Lebenseinstellung, in der sich die ungarische Tiefebene und das Steppenklima widerspiegeln.“
Tatsächlich liegt Pamhagen direkt an der Staatsgrenze, die Südflanke der Gemeinde fiel nach 1921 an Ungarn und ist heute ungarisches Staatsgebiet. Das nächste Dorf in Ungarn ist acht Kilometer entfernt.
Der halbe Seewinkel war bis 1921 ungarischsprachig. Während die Urgroßmutter von Michlits noch zweisprachig aufwuchs, durfte seine 79-jährige Großmutter nicht mehr Ungarisch lernen.
„Selbst Familien mit direkten Vorfahren in Ungarn reden heute nicht mehr Ungarisch. Junge Leute haben sowieso kein Interesse. Sie sind völlig von ihrer Identität abgeschnitten“, erklärt Michlits. Nach dem Motto: „Wenn die etwas wollen, sollen sie Deutsch sprechen.“Diese Begegnung mit ungarischen Kindern auf Augenhöhe will die Familie fördern. So besuchte ihre älteste Tochter, die achtjährige Helena, am Vormittag den Kindergarten in Fertöd, am Nachmittag jenen in Pamhagen.
„Die Kinder lernen die Sprache spielerisch, sie reden wie Native Speaker. Ich in meinem Alter tue mir total schwer“, sagt der 34-Jährige. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit bewirbt die Familie ihr Projekt: Für Weinverkostungen auf ihrem Weingut Meinklang verlangen sie zehn Euro, die an die Waldorfschule gespendet werden. Und ihre Schafe lassen sie auf Anfrage auf brachliegenden Weiden grasen – gegen eine Spende für die Schule.
Übrigens: Für das kommende Schuljahr sind bereits 20 Kinder aus beiden Ländern angemeldet. Vorausgesetzt, die Schulbehörde erteilt ihren Sanktus.