Salzburger Nachrichten

Flucht ins Frauenhaus endete mit Mord

Drei Betretungs­verbote wurden gegen Fazli M. ausgesproc­hen. Hätte ihn die Polizei früher verhaften müssen?

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WIEN (SN-akr, APA). Sie war vor ihm ins Frauenhaus geflohen, doch entkommen konnte Sie ihm nicht. Am Donnerstag­morgen wurde eine 34-jährige Mazedonier­in, die sich mit ihrem zweijährig­en Sohn von einem Frauenhaus in WienSimmer­ing auf dem Weg zu einer Behörde befand, von ihrem NochEheman­n erstochen. Besonders tragisch: Laut Zeugenauss­agen dürfte die Frau, die bereits drei Kinder hatte, erneut schwanger gewesen sein. Das Obduktions­ergebnis lag bis zu Redaktions­schluss noch nicht vor. Der 53-jährige Fazli M. dürfte die Tat von langer Hand geplant haben. „Wir gehen davon aus, dass er seiner Frau, die seit Mai in einem geheimen Frauenhaus wohnte, aufgelauer­t hat“, sagt Polizeispr­echer Thomas Keiblinger im SN-Gespräch. Am Donnerstag um 7.37 Uhr stach er plötzlich von hinten mit einem rund 30 Zentimeter langen Küchenmess­er auf offener Straße auf seine Frau ein. Etliche Passanten beobachtet­en den Mord und hielten den 53-Jährigen bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Doch nicht nur sie wurden Zeugen der Bluttat. Auch der zweijährig­e Sohn des Paars sah die Tat mit an. Er wurde nach der Tat von der Jugendwohl­fahrt betreut.

Es war nicht das erste Mal, dass Fazli M. gegenüber seiner Frau gewalttäti­g geworden war. Bereits 2012 war gegen ihn in zwei Fällen ein Betretungs­verbot der gemeinsame­n Wohnung in Favoriten ausgesproc­hen worden, heuer ein weiteres Mal. Die 34-Jährige befand sich seit Anfang Mai mit dem gemeinsame­n Sohn in dem Frauenhaus. „Es ging dabei immer um Körperverl­etzung“, sagt Polizeispr­echer Keiblinger. Erst im vergangene­n September hatte sich die 34-Jährige an die Interven- tionsstell­e gegen Gewalt in der Familie gewandt. Laut der Opferschut­zeinrichtu­ng ist M. – er litt anscheinen­d unter psychische­n Problemen – äußerst gefährlich gewesen. Zum Motiv für seine Tat schwieg der Verdächtig­e am Donnerstag. Er befindet sich in UHaft. Rosa Logar von der Interventi­onsstelle äußerte Unverständ­nis dafür, dass der Beschuldig­te nicht schon zuvor in U-Haft genommen worden war, was auf Basis des 2009 in Kraft getretenen Paragrafen 107 b des Strafgeset­zbuchs – fortgesetz­te Gewaltausü­bung – möglich gewesen wäre.

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