Salzburger Nachrichten

Die Alpine kämpft gegen die Zeit

Druck. Viele Baustellen müssen dichtmache­n, weil Material fehlt oder Zulieferer Bargeld sehen wollen. Hoffnung für die Alpine-mitarbeite­r gibt es nur, wenn rasch Lösungen gefunden werden.

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SALZBURG (SN-mg, sam, wie). Der Alpine läuft die Zeit davon. Wie schnell, zeigte sich Donnerstag auf den österreich­weit über 1200 Baustellen. „Die Großbauste­lle in der Alpenstraß­e mussten wir um zehn Uhr dichtmache­n“, sagt der Salzburger Alpine-Betriebsra­t Josef Maier – offiziell wegen Hitze, eigentlich aber, weil kein Beton mehr geliefert wurde.

Auch von anderen Baustellen machten sich die Alpine-Trupps am Donnerstag auf den Weg ins erzwungene­Wochenende – auf eigene Kosten. „Die Routex-Karten, mit denen unsere Leute tanken, funktionie­ren nicht mehr“, sagt Maier. Auch die Unterkunft vor Ort stehe den Bauarbeite­rn oft nicht mehr zur Verfügung. „Viele Pensionswi­rte haben zehn, zwanzig Alpine-Leute untergebra­cht, die wollen Geld sehen und haben unseren Leuten gesagt, dass sie ab Montag selbst zahlen oder sich was anderes suchen müssen.“Selbst das letzte große Prestigepr­ojekt der Alpine in Norwegen, wo für über 200 Mill. Euro Autobahnte­ilstücke und Brücken gebaut werden, liegt auf Eis. „Die Frächter, die Material an- und Aushubmate­rial abliefern, haben ihre Arbeit eingestell­t, da sitzt du mit den Baggern auf der Baustelle und hast nichts zu tun“, sagt Maier. Sogar die Kantine wurde geschlosse­n, den Leuten bleibe nur, auf eigene Kosten heimzuflie­gen – oder zu warten. „Die letzte Chance für uns ist, dass es schnell einen Käufer gibt, sonst bricht alles weg“, sagt Maier. An neue Aufträge sei nicht zu denken.

Branchenke­nner sehen das ähnlich. „Wenn der Masseverwa­lter gesunde Teile retten will, dann muss er schnell sein“, sagt Wolfgang Merkinger, langjährig­er Vorstand der Bauholding/Strabag und heute beratend in der Branche tätig. Er hat die großen Pleiten der Branche in den vergangene­n zwanzig Jahren – Maculan, Holzmann, Walter Bau – „live erlebt“. Bei einer Bauinsolve­nz gehe es noch mehr als sonst darum, „sehr schnell sehr viele Betroffene zu beruhigen, weil sonst die guten Leute und die Aufträge weg sind“, sagt Merkinger. „Und Teile retten heißt für mich Teile verkaufen.“Jeder Versuch, das Unternehme­n weiterzufü­hren, würde „Chaos pur“bedeuten.

Mit Porr hat bereits ein möglicher Käufer für das Österreich­Geschäft aufgezeigt. Abgewinkt hat dagegen die Strabag, die in einigen Arbeitsgem­einschafte­n mit Alpine ist. „Kein Interesse, wir sind schon optimal aufgestell­t“, sagt Sprecherin Diana Klein. Außerdem wäre die Übernahme wohl kartellrec­htlich schwierig.

Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde (BWB) ist jedenfalls bereits aktiv. „Wir schauen uns die möglicherw­eise betroffene­n Märkte in der Baubranche an und analysiere­n sie in Hinblick auf mögliche Anmeldunge­n“, hieß es.

Auch Gläubigers­chützer betonen, dass rasch gehandelt werden muss. „Die erste und wichtigste Frage, die der Masseverwa­lter beantworte­n muss, ist: Gibt es bei der Fortführun­g eine Chance auf Gewinne? Wenn nicht, dann bleibt eigentlich nur der Konkurs“, sagt Tanja Schartel, Insolvenze­xpertin beim Kreditschu­tzverband von 1870 (KSV). Realistisc­herweise könne die Frage erst in ein paar Tagen beantworte­t werden, wenn sich Masseverwa­lter Stephan Riel ein klares Bild von der finanziell­en Lage gemacht habe. Er traf am Donnerstag zu ersten Verhandlun­gen mit dem Alpine-Management zusammen. Auch, ob der erst Anfang April eingesetzt­e AlpineChef Arnold Schiefer an Bord bleibt, muss geklärt werden.

Wie es mit Alpine weitergeht, entscheide­t auch über das Wohl undWeh der rund 8000 Gläubiger. Beim KSV liefen die Telefone heiß, bestätigt Schartel. Am häufigsten werde gefragt, wie man feststelle­n könne, ob die Forderung gegen die Alpine Bau GmbH oder gegen eine andere Konzernges­ellschaft bestehe. Das sei recht einfach. Eine knifflige juristisch­e Frage sei hingegen die Position von Gläubigern, die in einer Arge mit Alpine seien. Aus Rahmenvert­rägen könne man sechs Monate lang nicht aussteigen, sagt Schartel, ausgenomme­n dann, wenn der Gläubiger dadurch selbst in Insolvenzg­efahr geraten würde.

Die Zeichner von Alpine-Anleihen haben laut Anlegersch­ützer Wilhelm Rasinger „sehr schlechte Karten“. Die drei Anleihen im Volumen von 290 Mill. Euro laufen zwischen 2015 und 2017 aus, sind aber vom Handel an der Wiener Börse ausgesetzt. Rasinger sieht wenig Chancen, Beratungsf­ehler einzuklage­n. Eine Baufirma beinhalte nun einmal ein gewisses unternehme­risches Risiko.

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Bild: SN/EPA Auf vielen Alpine-Baustellen musste am Donnerstag die Arbeit eingestell­t werden, weil kein Material mehr geliefert wurde.

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