Eifersucht ist ein Alarmsignal
Liebesqual. Eifersucht gehört zu jeder Beziehung. Sie zeigt, dass wir achtsam sind und unser „Revier“, die Liebe und die Beziehung, verteidigen. Eifersucht kann aber den Partner vertreiben. Das richtige Maß lässt sich finden.
Eifersucht ist weit verbreitet. Sie kann die Lebensqualität beeinträchtigen und die Beziehung zerstören. Sie kann aber auch ein Warnsignal sein, dass die Liebe bedroht ist. Über den richtigen Umgang damit sprachen die SN mit dem Berliner Psychotherapeuten Wolfgang Krüger. Er hat sich dem „ungeliebten Gefühl“besonders gewidmet und ein erhellendes Buch dazu geschrieben. SN: Eifersucht hat einen schlechten Ruf, nicht zuletzt, weil dieses Gefühl Stoff für große Dramen und Kriminalgeschichten bot und noch bietet. Wie sollte man damit umgehen? Wolfgang Krüger: Wir sollten heutzutage souveräner damit umgehen als in der Vergangenheit. In früheren Jahrhunderten war allerdings Eifersucht eine wirkliche Plage. In einer kleinen Stadt, in der die Menschen eng zusammenlebten, konnte Eifersucht tatsächlich eine mörderische Kraft entfalten, die die Gemeinschaft bedrohte. Es war daher notwendig, sie zu verdammen oder lächerlich zu machen.
Heute akzeptieren wir, dass Eifersucht zum Leben gehört. Vor allem Frauen wünschen sich, dass ihre Männer ein wenig eifersüchtig sind. Wenn der Partner gar nicht eifersüchtig ist, dann stört das und wird als Zeichen von Gleichgültigkeit gewertet. Ein Quäntchen Eifersucht empfinden wir als Liebeserklärung. SN: Gibt es Menschen, die nicht eifersüchtig sind? Wolfgang Krüger: Es gibt Menschen, die von sich behaupten, nicht eifersüchtig zu sein. Es gibt auch Kameradschaftsehen, in denen die Partner nicht eifersüchtig sind. Früher sprach man von Versorgungsehen. Männer behaupten manchmal, sie seien nicht eifersüchtig, weil es ihr Selbstbewusstsein es nicht verträgt, eifersüchtig zu sein. Die Erkenntnis, von der Liebe abhängig zu sein, ist eine narzisstische Kränkung. Das Ausgeliefertsein widerstrebt dem Ego mancher Männer. Solche Männer fallen allerdings bei einem Seitensprung der Frau in eine tiefe Krise und wollen dann Rache. Ein schönes Beispiel dafür aus der Literatur ist Fürst Karenin in „Anna Karenina“von Leo Tolstoi. Wir sehen also, auch in der Praxis, dass nicht eifersüchtig zu sein, eine Schutzbehauptung ist. SN: Was ist das größere Problem: fehlende Eifersucht oder Eifersucht? Wolfgang Krüger: Das Problem ist die Dosis. Eine selbstbewusste Eifersucht wäre das Beste. Eifersucht ist ein sinnvolles Warnsignal, dass die Liebe verloren geht. Und sie beinhaltet vor allem ein Stoppsignal, um die Liebe zu retten. Dies kann verhindern, dass eine möglicherweise verhängnisvolle Auflösung der Grenzen der Beziehung beginnt. Jede Partnerschaft beruht immer auf einem inneren Abkommen: Meist sind wir uns darüber einig, dass man nicht übermäßig mit anderen flirtet, keine Seitensprünge begeht. Die Eifersucht sichert diese vereinbarten Grenzen.
Mit der Eifersucht sensibel umzugehen, ist jedoch schwierig. Ich muss überlegen, was ich tue. Spreche ich an, was mich gestört an, werbe ich um ihn oder sie, mache ich mich attraktiver? Sich solche Fragen zu stellen und Lösungen zu finden, erfordert, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Wir unterscheiden die leichte, die mittlere und die schwere Eifersucht. Eher selten, aber dafür schwierig zu bewältigen, ist natürlich die massive Eifersucht. Sie liegt vor, wenn man ständig eifersüchtig ist. Der Eifersüchtige lebt dann immer in einem Gefühl der Anspannung, der Sorge, unentwegt hat er das Gefühl, verlassen zu werden. Er hat in der Kindheit nie stabile Bindungen erlebt. Deshalb macht er sich und anderen das Leben so schwer. In solchen Fällen ist oft die fachmännische Unterstützung sinnvoll. SN: Lässt sich „richtige“Eifersucht üben? Wolfgang Krüger: Was man machen kann, ist, sich selbst Zuwendung zu geben. Man kann einen anderen Schwerpunkt im Leben und in sich selbst finden und dadurch die Bindung zum Partner neu herstellen. Das heißt, sich ein eigenes Fundament aufzubauen, mit Interessen, mit Freundschaften. Auf dieser Basis ist es möglich, neu Nähe herzustellen. Entscheidend dafür ist die Stimmung in der Partnerschaft. Alle Untersuchungen der letzten Jahre zeigen, dass dies noch wichtiger ist als das gemeinsame Gespräch. SN: Was gehört für Sie zu einer gelungenen Beziehung? Wolfgang Krüger: Die Partner brauchen ein eigenständiges Leben, aber gleichzeitig Momente größter Innigkeit. Jeder sollte sich bemühen, für den anderen auch nach zehn Jahren noch interessant zu sein. Dafür ist es aber wichtig, dass sich beide entwickeln. Das ist die wichtigste Antwort auf die Eifersucht.