Der Weihrauch hat aber noch gefehlt
Die hohe Geistlichkeit führte die neue Regierung ins Amt. Das, wenn in der Türkei passiert wäre.
Der Dom wär’ vielleicht ein wenig protzig, ein Vorstadtgebetshaus nicht ganz standesgemäß, also: die Michaelskirche. Ideal nämlich. Weil älteste der Stadt, ein kleines Juwel, upper class, aber nicht ganz. Dort also fand sich die neue Landesregierung aus ÖVP, Grünen und Team Stronach ein, um öffentlich Frömmigkeit zu beweisen. Es gab Fürbitten, Vertreter des Klerus leiteten den Gottesdienst. Die folgende Angelobung konnten sie bedauerlicherweise aber nicht selbst vornehmen, da eine der vielen Irrläufe der Geschichte zur Trennung von Staat und Kirche, von Öffentlichem und Privatem also, geführt hat, was selbst an der Bischofsstadt Salzburg nicht spurlos vorübergehen konnte. Man fühlte sich erinnert an Zeiten, da die Regierung unter einem gewissenWolfgang Schüssel auf Wallfahrt gegangen ist. In Salzburg geleitete die Geistlichkeit die bald Anzugelobenden prozessionsähnlich von Kirche zu Chiemseehof, allerdings ohne schwingendeWeihrauchfässer und singende Chöre, was schade war, wegen feierlich. Kleines Trostpflaster war immerhin, dass Redner im Landtag ausdrücklich auch die „Hohe Geistlichkeit“begrüßen mussten. So freuen wir uns über Gottes Segen und stellen uns nur kurz vor, dass sich nach Regionalwahlen, sagen wir im türkischen Antalya, die dortig neue Regierung in einer der vielen heiligen Moscheen zum gemeinsamen Gebet einfindet, vor laufenden Kameras Andacht übt und Suren rezitiert, sich von Imamen undMullahs belehren lässt, um dann unter Führung der bärtigen Kleriker in das Parlament zu ziehen und die Angelobung vorzunehmen.
Das, wenn in der Türkei unter Muslimen geschehen wäre. Aber Gott sei Dank sind wir ja anders.
Bei uns ist Religion privat und nicht Politik.