Jede Menge Koalitionsoptionen
Die SPÖ will mit der ÖVP regieren, die ÖVP mit jedem, der ihr ins Kanzleramt hilft. Die Koalitionsgespräche werden spannend.
Wer sagt da, dass Politiker keine klaren Antworten geben? Die Antwort, die Bundeskanzler Werner Faymann am Freitag in einem gemeinsamen Interview mit Vizekanzler Michael Spindelegger auf die Frage nach seinen Koalitionspräferenzen gab, lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Er wolle eine Koalition von „zwei Parteien“, die „in den Ländern“sowie „in der Sozialpartnerschaft stark repräsentiert“seien. So sprach der Kanzler. Er hätte auch kürzer sagen können: Ich möchte eine SPÖ-ÖVP-Koalition.
Anders der Vizekanzler. Er antwortete auf die Koalitionsfrage mit der wohlbe- kannten Phrase: „Der Wähler wird entscheiden, dann sehen wir weiter.“
Die Äußerungen der beiden Herren lassen allerlei Rückschlüsse zu, und die Wählerschaft hat tatsächlich die Wahl: Wer die SPÖ wählt, wählt die bisherigen Verhältnisse. Also eine bis zur Lähmung reichende Stabilität.
Wer hingegen die ÖVP wählt, wählt das Experiment. Etwa eine Dreierkoalition aus ÖVP, FPÖ und Stronach. Oder eine Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Stronach. Oder eine Zweierkoalition aus ÖVP und FPÖ, wofür sich aber derzeit keine parlamentarische Mehrheit abzeichnet. Noch weiter von einer parlamentarischenMehrheit entfernt ist eine Zweierkoalition aus ÖVP und Grünen.
Die ÖVP wird also nach der herbstlichen Nationalratswahl eine Vielzahl von Optionen haben. Das wird ihre Verhandlungsposition in den Koalitionsverhandlungen stärken, aber zuvor ihre Wahlchancen vermindern. Wer soll guten Gewissens eine Partei wählen, von der nicht feststeht, ob sie nach denWahlen eine Mitte-rechts- oder eine Mitte-linksKoalition anstrebt? Der es einerlei ist, ob sie Strache oder aber Glawischnig in den Vizekanzlersessel verhilft?
Dazu kommt noch der Faktor Heinz Fischer, bei dem drei Dinge klar sind. Erstens: Er wird den Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen. Zweitens: Er wünscht sich eine SPÖ-ÖVP-Koalition. Drittens: Er will die FPÖ als Regierungspartei verhindern.
All das wollte Thomas Klestil im Jahr 2000 auch. Bekommen hat er eine Koalition der zweitstärksten Partei (FPÖ) mit der drittstärksten (ÖVP), die zuvor geschworen hatte, sie werde in Opposition gehen.
Alles klar also nach Faymanns klarer Ansage? Keineswegs. Die Koalitionsgespräche werden spannender als die Wahl.