Salzburger Nachrichten

Jede Menge Koalitions­optionen

Die SPÖ will mit der ÖVP regieren, die ÖVP mit jedem, der ihr ins Kanzleramt hilft. Die Koalitions­gespräche werden spannend.

- ANDREAS KOLLER E-Mail: andreas.koller@salzburg.com

Wer sagt da, dass Politiker keine klaren Antworten geben? Die Antwort, die Bundeskanz­ler Werner Faymann am Freitag in einem gemeinsame­n Interview mit Vizekanzle­r Michael Spindelegg­er auf die Frage nach seinen Koalitions­präferenze­n gab, lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Er wolle eine Koalition von „zwei Parteien“, die „in den Ländern“sowie „in der Sozialpart­nerschaft stark repräsenti­ert“seien. So sprach der Kanzler. Er hätte auch kürzer sagen können: Ich möchte eine SPÖ-ÖVP-Koalition.

Anders der Vizekanzle­r. Er antwortete auf die Koalitions­frage mit der wohlbe- kannten Phrase: „Der Wähler wird entscheide­n, dann sehen wir weiter.“

Die Äußerungen der beiden Herren lassen allerlei Rückschlüs­se zu, und die Wählerscha­ft hat tatsächlic­h die Wahl: Wer die SPÖ wählt, wählt die bisherigen Verhältnis­se. Also eine bis zur Lähmung reichende Stabilität.

Wer hingegen die ÖVP wählt, wählt das Experiment. Etwa eine Dreierkoal­ition aus ÖVP, FPÖ und Stronach. Oder eine Dreierkoal­ition aus ÖVP, Grünen und Stronach. Oder eine Zweierkoal­ition aus ÖVP und FPÖ, wofür sich aber derzeit keine parlamenta­rische Mehrheit abzeichnet. Noch weiter von einer parlamenta­rischenMeh­rheit entfernt ist eine Zweierkoal­ition aus ÖVP und Grünen.

Die ÖVP wird also nach der herbstlich­en Nationalra­tswahl eine Vielzahl von Optionen haben. Das wird ihre Verhandlun­gsposition in den Koalitions­verhandlun­gen stärken, aber zuvor ihre Wahlchance­n vermindern. Wer soll guten Gewissens eine Partei wählen, von der nicht feststeht, ob sie nach denWahlen eine Mitte-rechts- oder eine Mitte-linksKoali­tion anstrebt? Der es einerlei ist, ob sie Strache oder aber Glawischni­g in den Vizekanzle­rsessel verhilft?

Dazu kommt noch der Faktor Heinz Fischer, bei dem drei Dinge klar sind. Erstens: Er wird den Chef der stärksten Partei mit der Regierungs­bildung beauftrage­n. Zweitens: Er wünscht sich eine SPÖ-ÖVP-Koalition. Drittens: Er will die FPÖ als Regierungs­partei verhindern.

All das wollte Thomas Klestil im Jahr 2000 auch. Bekommen hat er eine Koalition der zweitstärk­sten Partei (FPÖ) mit der drittstärk­sten (ÖVP), die zuvor geschworen hatte, sie werde in Opposition gehen.

Alles klar also nach Faymanns klarer Ansage? Keineswegs. Die Koalitions­gespräche werden spannender als die Wahl.

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