Salzburger Nachrichten

Schule: Woran die Reformen scheitern

Bezirkssch­ulräte. Weg mit den parteipoli­tischen Gremien. Das fordern alle. Der notwendige Beschluss wird wieder aufgeschob­en.

- ANDREAS KOLLER

(SN).

„Die im Zuge der seit Langem angekündig­ten Schulverwa­ltungsrefo­rm geplante Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte ist vorerst gescheiter­t.“Diese unscheinba­re Meldung der Austria Presse Agentur von Donnerstag­abend zeigt exemplaris­ch, wie auch bescheiden­e Ansätze einer Verwaltung­sreform in Österreich stets im Gestrüpp zwischen Bund und Ländern, Regierung und Opposition stecken bleiben.

Grundsätzl­ich wäre die Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte keine Mammutaufg­abe. Denn es handelt sich erstens um eine Kleinstref­orm, die niemandem wirklich wehtut und die den Rest der parteipoli­tischen Schulverwa­ltung unangetast­et lässt.

Und zweitens sind alle politische­n Kräfte seit einem Jahrzehnt über deren Abschaffun­g einig. Das zeigt ein Blick ins Archiv: „Der neuerliche Vorstoß von Bildungsmi­nisterin Elisabeth Gehrer zur Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte. . . “(25. September 2004).

„Angestrebt wird unter anderem die Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte.“(14. November 2005).

„ÖVP Burgenland für Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte.“(18. Dezember 2006).

„Verwaltung­sreform: Regierung will Bezirkssch­ulräte streichen.“(26. Mai 2009).

„Unterricht­sministeri­n Claudia Schmied will 2012 die Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte vorantreib­en.“(30. Dezember 2011). Und so weiter. Die Bezirkssch­ulräte und ihre übergeordn­eten Instanzen, die Landesschu­lräte, sind Sinnbild einer klassische­n Doppelverw­altung. Denn parallel zu den Landes- und Bezirkssch­ulräten, die Behörden des Bundes sind, gibt es noch die Landesregi­erungen, die ebenfalls eigene Schulabtei­lungen haben. Die Zusammenfa­ssung der parallelen Strukturen zu Bildungsdi­rektionen wäre also das Gebot der Stunde. Sie würde im Jahr 5,5 Mill. Euro ersparen.

Die Bundesländ­er Wien, Niederöste­rreich, Oberösterr­eich und Burgenland haben ihre Unterricht­sverwaltun­g bereits weitgehend mit der des Bundes zusammenge­legt. Das ändert nichts an der Existenz der Bezirkssch­ulräte, die als „Bildungsbe­hörde erster Instanz“agieren. Sie bestehen aus einem parteipoli­tisch zusammenge­setzten Kollegialo­rgan und sind unter anderem für die Ernennung der Schuldirek­toren zuständig.

Ihre längst akkordiert­e Abschaffun­g wird nun aber nicht wie geplant kommendeWo­che auf der Tagesordnu­ng des Nationalra­ts stehen. Warum? SPÖ-Bildungssp­recher Elmar Mayer gibt Auskunft: FPÖ und Grüne, auf deren Zustimmung man angewiesen sei, hätten zusätzlich­e Forderunge­n gestellt. Was der grüne Bildungssp­recher Harald Walser für seine Partei auf SN-Anfrage zurückweis­t: „Wir sind von der SPÖ nicht einmal zu Verhandlun­gen eingeladen worden.“Er, Walser, hätte der Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte – anders als von SPÖ-Seite behauptet – durchaus seine Zustimmung gegeben. Auch wenn es sich nur im eine Minireform handle. Von der „Entschlack­ung und Entpolitis­ierung der Schulverwa­ltung“, wie er sie fordere, könne keine Rede sein.

In Wahrheit dürfte einige der Akteure trotz aller Lippenbeke­nntnisse der Abschaffun­gsmut verlassen haben. Denn die Schulräte sind für die Koalitions­parteien ideale Vehikel, ihre Politik bis in die Schule zu tragen. Darauf zu verzichten fällt schwer. Auch taugt der verschoben­e Beschluss über die Abschaffun­g der Bezirkssch­ulräte ausgezeich­net als Faustpfand der SPÖ bei den festgefahr­enen Verhandlun­gen über das Lehrerdien­strecht, wo die ÖVP auf der Bremse steht.

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