Mit Serbien startet die nächste Erweiterungsrunde
Derwestbalkan wird von der Europäischen Union nicht aufgegeben und Kroatien wird nicht das letzte Eu-mitglied bleiben
BRÜSSEL (SN). Die Europäische Union ist derzeit mit sich selbst viel zu beschäftigt, um mit großer Energie und gegen wachsenden Widerstand in der Bevölkerung die Erweiterung auf dem Balkan voranzutreiben. Dennoch machte die deutsche Bundeskanzlerin Angela nach dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel klar: „Wir haben allen Staaten auf dem Balkan eine Beitrittsperspektive gegeben.“
Nach dem Beitritt Kroatiens gaben die Staats- und Regierungschefs nun den Startschuss für Verhandlungen mit den Serben. Die erste Beitrittskonferenz soll „spätestens im Jänner 2014“stattfinden, wie es in der Schlusserklärung des Gipfels heißt. Vorausset- zung dafür ist, dass es in der Normalisierung des Verhältnisses zwischen Serbien und dem Kosovo weitere Fortschritte gibt. In der Festlegung des Verhandlungsrahmens bis zum Dezembergipfel sollen dafür auch weitere Bedingungen formuliert werden. Nur wenn die auch erfüllt sind, werden zum Jahresbeginn 2014 die Beitrittsverhandlungen beginnen können. Parallel dazu sollen Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit dem Kosovo aufgenommen werden.
Der Erweiterung der Union und die damit verbundene Befriedung und Demokratisierung geht damit auf dem Balkan in die nächste Runde. Dort stehen auch noch weitere Kandidaten vor der Tür: Mit Montenegro wird schon über einen Beitritt verhandelt, Mazedonien, Albanien und Bosnien-Herzegowina warten ebenso noch wie der Kosovo.
Neben Deutschland zählt vor allem Österreich in der EU zu den Motoren der Erweiterung auf dem Westbalkan. Außenminister Michael Spindelegger sagte zum Beitritt der Kroaten: „Die kroatische Erfolgsgeschichte ist ein deutliches Ermutigungssignal an alle Länder des westlichen Balkans. Reformen, hartes Arbeiten und politische Entschlossenheit lohnen sich.“
Bis Serbien tatsächlich EU-Mitglied wird, werden trotzdem noch etliche Jahre vergehen. Die Verhandlungen mit Kroatien hatten 2004 begonnen. Während also die Erweiterung auf dem Westbalkan langsam, aber sicher vorankommt, ist sie im Norden Europas zum Erliegen gekommen. Islands Konservative haben heuer die Wahlen damit gewonnen, dass sie die Beitrittsverhandlungen mit der EU stoppen. Was dann auch prompt in Brüssel erfolgte. Nun soll eine Volksabstimmung klären, ob die Bevölkerung weiter einen Beitritt anstrebt oder nicht. Jüngste Umfragen zeigen aber, dass derzeit nur rund 25 Prozent der Isländer in die EU wollen.
Die EU hatte die Beitrittsverhandlungen mit Island 2010 begonnen. Etwa ein Drittel der insgesamt 35 Verhandlungskapitel ist bereits abgeschlossen. Aus der EU-Kommission heißt es dazu: Das Niveau der Angleichung der irischen Gesetzgebung an EU-Beschlüsse sei besser als in einer Reihe anderer Mitgliedsstaaten.
Bleibt noch die Türkei: Der Beitrittsprozess war in den vergangenen drei Jahren praktisch zum Erliegen gekommen. Trotz der jüngsten Gewalt gegen friedliche Demonstranten hat man in den Tagen vor dem EU-Gipfel die Tür zur Türkei aber nicht zugeschlagen. Offiziell werden Beitrittsverhandlungen wieder gestartet, allerdings erst im Herbst. Bis dahin will man beobachten, wie die Regierung Erdogan weiter mit demokratischen Protesten umgeht. Der Beitritt der Türkei ist heute aber weiter weg als je zuvor. Immer wahrscheinlicher wird eine wirtschaftliche und politische Annäherung ohne EU-Mitgliedschaft.