Studenten in Geldnot: Mehr als ein Drittel kämpft
Studie. Immer mehr Studierende haben regelmäßig zu wenig Geld für das zum Leben Notwendige – das zeigt eine neue Studie der Hochschülerschaft. Das Wissenschaftsministerium verweist auf die „gut ausgebaute Studienförderung“.
WIEN (SN-roi, APA). Mehr als ein Drittel der Universitätsstudenten hat starke finanzielle Probleme. Das ist das Ergebnis einer am Institut für Soziologie der Uni Wien erstellten Studie unter Leitung von Martin Unger (Institut für Höhere Studien). 15 Prozent der Studenten gaben an, regelmäßig zu wenig Geld für Lebensmittel zur Verfügung zu haben, 21 Prozent überziehen regelmäßig das Konto und 16 Prozent haben sich derzeit Geld ausgeliehen oder einen Kredit aufgenommen.
Für die in Zusammenarbeit mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) im Jänner durchgeführte Erhebung wurden Onlinefragebögen von rund 5000 Uni-Studenten im Bachelor-, Master- und Diplomstudium ausgewertet. Demnach gaben rund 16 Prozent der Studenten an, „sehr stark“von finanziellen Schwierigkeiten betroffen zu sein, jeweils mehr als 20 Prozent sind „stark“bzw. „zum Teil“betroffen.
Am stärksten mit Finanzproblemen zu kämpfen haben demnach Studenten an Kunstunis. Martin Unger führt dies unter anderem auf den hohen Anteil ausländischer Studierender dort zurück. Außerdem hätten Kunstuni-Stu- denten eher unregelmäßige Einkommen etwa durch Auftritte oder Ausstellungen. Am seltensten mit finanziellen Problemen konfrontiert sind Medizin-Studenten.
Jeweils ein Fünftel der Studenten kann es sich selbst nicht leisten, bei Bedarf ein Semesterticket bzw. eine Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel sowie neue Kleidung zu kaufen. Jeder zehnte Student schafft es nicht, aus eigenen Mitteln nötige Studienmaterialien zu kaufen, seine gesamte Wohnung angemessen warm zu halten und eine im vergangenen Jahr dringend nötige medizinische Behandlung zu finanzieren. 23 Prozent gaben außerdem an, es sich nicht selbst leisten zu können, jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch, Geflügel oder eine entsprechende vegetarische Speise zu essen, 30 Prozent können sich keinen einwöchigen Urlaub pro Jahr finanzieren.
43 Prozent mit Familienbeihilfe
Probleme gibt es außerdem bei der Familienbeihilfe, die derzeit von rund 43 Prozent der Bildungsinländer bezogen wird. In der Regel wird diese aber nicht direkt an die Studenten ausbezahlt, sondern an die Eltern: Jeweils ein Fünftel der Erziehungsberechtig- ten gibt diese aber entweder gar nicht oder nur teilweise an ihre studierenden Kinder weiter.
Weiteres Studienergebnis: Berufstätige Studenten und Studenten mit finanziellen Schwierigkeiten schaffen die Studieneingangs- und Orientierungsphase seltener in der vorgesehenen Zeit als Vollzeitstudenten und Studierende ohne Finanzprobleme.
Derzeit profitieren 46.000
Die ÖH fordert entsprechend Aktivität auf der „Baustelle Beihilfensystem“ein. Unter anderem müsse die Familienbeihilfe direkt an die Studenten ausbezahlt werden. Im Wissenschaftsministerium verweist man auf „die gut ausgebaute Studienförderung“in Österreich. Diese umfasse ein breites Spektrum von der Studienbeihilfe, dem Studienzuschuss und Studienabschluss-Stipendien über Fahrtund Reisekostenzuschüsse bis hin zu Mobilitätsstipendien und Beihilfen für ein Auslandsstudium. 2012 habe man inklusive Leistungsstipendien rund 200 Mill. Euro für alle Hochschuleinrichtungen ausgeschüttet. Profitieren würden davon pro Studienjahr rund 46.000 Studenten – von derzeit insgesamt rund 279.000.